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Wichtiges

Predigt P. Regino, 26. Nov. 2023

26.11.2023

Jesus Christus, der Weltenrichter, Gutes tun und Böses unterlassen

Christkönigsfest A          Mt 25,31-46         der Weltenrichter

Predigt Pater Regino vom 26. November2023   

 Das Schwarz-Weiß-Denken ist in unserer Gesellschaft immer noch stark verwurzelt, auch wenn wir Vieles inzwischen etwas entspannter und differenzierter sehen.

Noch zu meiner Schulzeit mussten böse Kinder zeitweise in der Ecke stehen, wie die Böcke im Evangelium zur Linken des Weltenrichters. In der Grundschule 4. Klasse gehörte ich selber einmal zu den Böcken, weil ich mich bei einem Wandertag mit ein paar Mitschülern zu weit von der Klasse entfernt hatte. Wir kannten uns aus und waren einfach schon mal 100m vorgegangen. Als Strafe mussten wir zwei Seiten lang immer wieder den Satz schreiben: „Wir müssen beim Wandern Disziplin halten“, und die Namen der Bestraften wurden an der Tafel angeschrieben.

Solche Bibelstellen wie diese von der Trennung der Schafe von den Böcken sind sehr geeignet, ein Denken zu fördern, das die Menschen in Gute und Böse einteilt. Bei der letzten Landtagswahl stand auf einem Plakat: „Wir sind die Guten.“ Aber auch schon die Märchen und andere Geschichten der Kinder- und Jugendliteratur arbeiten mit so einem Freund-Feind-Schema. Um über dieses Denken hinauszuwachsen, ist es sehr hilfreich, auch einmal auf der Seite der Bösen gestanden zu sein.

Jesus selbst hat daran gearbeitet, Menschen aus der bösen Ecke herauszuholen. Er hat Sünden vergeben, er hat mit Zöllnern und Sündern gegessen, er ist beim Zachäus eingekehrt (Lk 19,7), er hat den Zöllner Levi in seine Nachfolge berufen (Mk 2,14), er hat sich von der Sünderin die Füße salben lassen (Lk 7,38), und am Kreuz hat er zum Verbrecher gesagt: „Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein“ (Lk 23,43). Darum kann es in diesem Evangelium wohl nicht darum gehen, die Menschen in Gute und Böse einzuteilen und dann auch noch voneinander zu trennen. Es geht darum, die Qualitäten Böse und Gut zu unterscheiden und ihre Bedeutung für das Leben zu betonen. Wer gut handelt, wird gesegnet, wer böse handelt, wird verflucht, wird bestraft, oder wie wir heute lieber sagen, der bestraft sich selber, der schadet sich selber. Aber prinzipiell stecken beide Möglichkeiten in jedem Menschen: die Möglichkeit, Gutes zu tun und die Möglichkeit, Böses zu tun.

Interessant finde ich,was hier als gut und böse genannt wird: gut sind die 6 Werke der Barmherzigkeit, wie sie früher im Katechismus standen: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, usw. Und auf der bösen Seite stehen nicht irgendwelche Sünden wie Morden, Stehlen und Lügen, da steht die Unterlassung des Guten, die Unterlassung der Werke der Barmherzigkeit. Was Jesus hier anklagt, ist, das Gute nicht zu tun, zu dem ich herausgefordert bin. Oft höre ich die Leute sagen: Ich habe nichts zu beichten, ich habe keinen getötet und auch sonst nichts Schlimmes getan. Dann antworte ich gerne: Aber wie viel Gutes, das du hättest tun können, und hättest tun sollen, hast du nicht getan?

Im Schuldbekenntnis sagen wir, dass wir Gutes unterlassen und Böses getan haben. Gerade wenn wir uns unser Unterlassen des Guten bewusst machen, werden wir in unsere Verantwortung gerufen, die Welt an irgendeiner Stelle zu verbessern. Die Instanz, die uns richtet, ist unser Gewissen. Und Gewissensbildung besteht nicht nur darin, zu schauen, was ich falsch gemacht habe, sondern vor allem darin zu schauen, wie und an welcher Stelle ich berufen bin, die Welt ein Stück zu verbessern.

Ein Religionslehrer bei uns in St. Ottilien hatte einmal scherzhafterweise eine Sinnmaschine konstruiert. Die hatte zwei so Drehknöpfe wie ein altes Radio. Die waren aber nicht dazu da, Lautstärke und Sender zu regeln, da konnte man das Sein und das Soll einstellen. Mit dem rechten Knopf, dem Soll-Knopf, stellte man ein, wie eine Sache sein soll. Man macht sich sozusagen das Ideal bewusst. Und mit dem linken Knopf, dem Sein-Knopf, stellte man ein, wie die Sache tatsächlich ist. Da konnte man dann sehen, wie weit der Ist-Zustand vom Ideal-Zustand entfernt ist. Sinnmaschine heißt das Gerät deshalb, weil wir Menschen Sinn erfahren, wenn wir das Sein in Richtung Soll verändern, wenn wir den Ist-Zustand dem Idealzustand näher bringen.

Ein Mensch, der gewohnt ist, mit dieser Sinnmaschine zu arbeiten, natürlich mental, der übersieht nicht so leicht die Situationen, in denen er gefordert ist, Gutes zu tun, weil er die Ideale nicht aus dem Auge verliert und stets mit seinem Gewissen in Kontakt bleibt.

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus Christus, der Weltenrichter, solidarisiert sich nicht nur mit den geringsten Brüdern und Schwestern, er identifiziert

sich sogar mit den Armen. „Ich war hungrig, ich war durstig, ich war fremd und obdachlos.“ In den hungernden und dürstenden Menschen erscheint er selber der Welt. Christus sitzt auf dem Thron seiner Herrlichkeit, aber nicht so hoch, dass er vor lauter Herrlichkeit keinen Blick mehr hätte für das, was nicht so herrlich ist, für die Bedürftigen, die Kranken und die Gefangenen. Anteil an seinem Königtum haben wir in dem Maße, wie es uns gelingt, Armut und Ungerechtigkeit in den Griff zu bekommen, und – zu beherrschen.