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Wichtiges

Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag

11.06.2017

Dreifaltigkeitsfest               3 Personen – 3 Gesichter Gottes

Es gibt eine Art von Theaterspiel, da arbeiten die Spieler mit mehreren Masken. Da kann ein und derselbe Spieler einfach die Maske wechseln, und dann ist er eine andere Person. Da kann sich der Spieler sozusagen verschiedene Gesichter aufsetzen. Das gab es auch schon im alten Rom. Und so kommt es, dass das lateinische Wort „persona“ auch gebraucht wurde für Maske, oder für Gesicht. Ein Gott in drei Personen: das möchte ich heute entfalten als ein Gott in drei Gesichtern.

Wir alle haben sozusagen mehrere Gesichter. Manchmal zeigen wir uns von einer schlechten Seite, manchmal zeigen wir uns von unserer besten Seite, manchmal sagen wir: da zeigt einer sein wahres Gesicht, obwohl natürlich jede Seite und jedes Gesicht wahr ist: alle Seiten sind Teil unserer Wirklichkeit, alle Seiten sind ein Stück der gesamten Realität. Und wenn Menschen sich schon in so vielen schillernden Seiten zeigen können, um wie viel mehr Seiten finden wir an Gott.

Es ist wie bei einem Berg: ein Berg kann von Norden und Süden aus gesehen rund und flach aussehen, von Osten und Westen ist er aber spitz und steil. Ein Berg zeigt nach verschiedenen Seiten bisweilen ein sehr anderes Gesicht. Das macht das Geheimnis eines Berges aus. Ebenso geheimnisvoll ist Gott. Und so ist das Unterfangen, Gott von drei Seiten zu sehen, ein Versuch, sich an das Geheimnis Gottes heranzutasten.

Das erste Gesicht Gottes ist das des Schöpfergottes. Auch wenn wir unseren Schöpfer Vater nennen, so sprechen wir doch auch von der Mutter Natur. Vater und Mutter kann man nicht gegeneinander ausspielen: zur Weitergabe des Lebens braucht es beide. Nur haben wir häufig zum einen Elternteil eine intensivere Beziehung als zum anderen. Und damit hängt zusammen, ob wir Gott lieber als Vater oder lieber als Mutter ansprechen. In jedem Fall verdanken wir unser Leben Gott, und darum sind wir auch ihm gegenüber verantwortlich, verantwortlich für unseren Umgang mit unserem eigenen Leben und verantwortlich für unseren Umgang mit der Schöpfung überhaupt.

 

Das zweite Gesicht Gottes ist Jesus Christus, das menschliche Gesicht Gottes. Ihm verdanken wir unsere besondere Nähe zu Gott. Wir Christen haben eine Nähe zu Gott, wie sie in keiner anderen Religion erlebt und gefeiert wird. Dass Gott nicht nur erhaben im Himmel thront und von weitem verehrt werden will, vielmehr sogar in den geringsten unserer Mitmenschen uns begegnet und unsere Barmherzigkeit herausfordert, das macht dieses zweite Gesicht Gottes: der Mensch gewordene Gottessohn. Darum ist das Christentum die Religion, die das irdische Leben am meisten ernst nimmt, die am meisten geerdete Religion, die menschlichste Religion, zumindest in der Theorie.

Das dritte Gesicht Gottes ist der Hl. Geist. Er ist die Klammer zwischen Gott-Vater und Gott-Sohn, er umfasst alles. Schon bevor Gott das Licht erschuf, schwebte der Geist Gottes über den Wassern, so sagt es der erste Vers der Bibel. So ist der Geist Gottes in allen Geschöpfen enthalten, sozusagen als Naturgesetz, als Lebensatem. Und er ist der Geist Jesu, der in der Kirche weiterlebt, auch wenn das leibliche Gesicht des irdischen Jesus für uns nicht mehr greifbar, nicht mehr sichtbar ist. Seine Geistesgaben für jeden von uns sind unser Potential, mitzuwirken am heutigen Schöpfungswerk Gottes, wenn wir unserer Berufung gerecht werden, die Welt im Sinne Jesu zu erneuern.

Jedes Theaterspiel bringt irgendwelche Aspekte des menschlichen Lebens zum Ausdruck: Realitäten, Sehnsüchte, Träume, vielfältig wie das Leben selbst. Unser einer Gott in drei Personen erinnert uns an die Vielfältigkeit unseres Lebens und warnt uns vor Einseitigkeiten. Im AT bei Mose hieß es: Du sollst dir kein Bild machen von Gott. Das war eine Maßnahme gegen Götzenbilder. In den Götzenbildern wurde Gott zu konkret sichtbar, zu sehr greifbar, zu einfach. Das können wir auch auf die Menschen übertragen: Du sollst dir kein Bild machen von den Menschen. Das ist eine Maßnahme gegen Vorurteile, gegen vorschnelle Urteile. Der erste Blick auf eine Sache oder auf einen Menschen kann oft täuschen. Denn jeder Mensch hat die Freiheit, anders zu sein, andere Seiten zu entwickeln und zu zeigen. Rechnen wir damit. Die Realität ist immer größer als die eine Seite davon, die wir gerade im Blick haben. So lehrt uns der dreifaltige Gott die Ehrfurcht vor dem Geheimnis des Lebens.