Ralf Czech: Der Tankstellenmitarbeiter Gottes
(Erkheim) Seit 2007 ist Ralf Czech Pfarrer im beschaulichen Günztal bei Memmingen. 2023 wurde er zum Dekan ernannt. Wichtig ist ihm in seinen verschiedenen Aufgabenfeldern, Gott den Menschen als Kraftquelle nahezubringen. Der Glaube selbst müsse wie ein Baum aber auch in die Tiefe reichen und starke Wurzeln entwickeln.
Wer den Memminger Dekan sucht, der findet ihn seit Mitte 2023 nicht mehr in der kreisfreien oberschwäbischen Mittelstadt, sondern etwas außerhalb, auf dem Land gelegen, im beschaulichen Örtchen Erkheim. Von dort aus managt Ralf Czech seit September 2007 die Pfarreiengemeinschaft Erkheim-Günztal. Seit 2014 als Prodekan wirkend, wurde er dieses Jahr von Bischof Dr. Bertram Meier zum Dekan über neun Pfarreiengemeinschaften und drei Einzelpfarreien ernannt.
Sich selber in Form eines Portraits der breiteren Öffentlichkeitsarbeit vorzustellen, das ist für den aktuell dienstjüngsten Dekan im Bistum noch ungewohnt. Die Anspannung weicht beim Gespräch aber sehr schnell einer priesterlichen Redeweise, die immer wieder aufhorchen lässt und tiefe Einblicke in die persönliche Frömmigkeit und das Amtsverständnis des 47-jährigen Priesters gibt.
Priesterliche Mission: Einblick in das Pfarrerdasein
Gleich zum Start erzählt er über seine Studienzeit an der amerikanischen Universität in Dayton (Ohio). Dort hat er gelernt: „Priestersein bedeutet vor allem, pastoral nah bei den Menschen zu wirken.“ Dieses Maxime trägt ihn. Immer wieder spricht er davon, was für ihn wichtig ist: „Entscheidend ist nicht, dass ich als Priester jeden Menschen erreiche, oder dass die Zahlen stimmen. Entscheidend ist die persönliche Gottesbeziehung des Einzelnen.“ Hinsichtlich der aktuellen Schwierigkeiten innerhalb der Kirche zeigt er sich gelassen. Die Kirchengeschichte sei immer eine Wellenbewegung gewesen. Bemerkenswert ist, dass er seinem himmlischen Chef aber immer wieder ganz konkrete Handlungsmöglichkeiten einräumt. So ist er auch der Meinung, „dass in unserer Zeit zu wenig Vertrauen da ist, dass Gott diese Kirche und ihre Geschichte in seiner Hand hält“. Entspannt gibt er zu, dass er ja nur der Arbeiter im Weinberg des Herrn sei, aber nicht dessen Besitzer. Diese Ansicht bewahrt ihn dann auch davor, selbst alles regeln und machen zu müssen.
Das Dekanat Memmingen in Kürze:
- Größe: umfasst 9 Pfarreiengemeinschaften und 3 Einzelpfarreien
- Bevölkerung: rund 56.000 Katholiken
- Gebiet: entstanden 2012 als Zusammenschluss der Dekanate Memmingen und Ottobeuren
- Hauptkirche: St. Josef in Memmingen
- Prodekan: P. Joshy Palakunnel O.Praem
Zeuge für Jesus sein: Eine humorvolle Analogie zum sonntäglichen Auftanken
Wie aber wird man ein guter Zeuge für Jesus? Für seine Antwort nutzt er seinen ausgeprägten Humor: „Man kann meine Position auch mit der eines Tankstellenmitarbeiters vergleichen, der sich von Herzen mit seiner Marke identifiziert. Die Gläubigen müssen zum Auftanken aber auch zur Kirche kommen.“ Der Kraftstoff sei Gott, sein Wort und seine Gegenwart in den Sakramenten. Die Sonntagsmesse bezeichnet er daher auch als „Auftankmöglichkeit für die ganze Woche“, ohne die es sich, seiner Meinung nach, nur schlecht leben lässt. Beim „Offenen Ohr“ der City-Seelsorge in Memmingen erlebt er selbst fast jede Woche, wie er selbst durch seine Gespräche zur Kraftquelle für andere Menschen wird. Die Dankbarkeit seiner Gesprächspartner ist für ihn ungemein bestärkend.
Inspirierende biblische Figuren: Zweifel, Spaltung und Umkehr bei den Aposteln
Etwas länger überlegen muss der Dekan im schicken Anzug bei der Frage nach biblischen Personen, die ihn ansprechen: „Der Apostel Thomas ist für mich eine wichtige Figur. Trotz seiner Zweifel blieb er Teil der Gemeinschaft und sehnte sich nach einer Begegnung mit Jesus.“ Er habe trotz aller Geschehnisse „nicht die Hoffnung verloren und die Sehnsucht nach Jesus bewahrt“. Auch der Apostel Petrus sei immer wieder falsche Wege gegangen, habe sich aber immer von der Umkehrmöglichkeit überzeugen lassen. Tief blicken lässt der folgende Satz: „Meine Beerdigung soll tatsächlich auch ein Bußgottesdienst für mich sein. Ich weiß ganz genau, dass ich das brauchen werde.“
Generell zeigt er sich aber auch offen für Reformen und Veränderungen, möchte den Schwerpunkt jedoch lieber auf die persönliche Gottesbeziehung legen. In jeder kirchlichen Debatte müsse immer geschaut werden, was der Wille Gottes ist. Spaltende Tendenzen betrachtet er als Gefahr für die Einheit der Weltkirche. Auch die Liturgie müsse im Idealfall überall gleich gefeiert werden. Als er vor einiger Zeit einen Gottesdienst in Tschechien besucht habe, habe er alles mitfeiern können. Lachend gibt er zu: „Trotz meines Nachnamens habe ich kein Wort übersetzen können, dennoch habe ich durchgehend gewusst, was gefeiert wird.“
Glaubenspraxis und Spiritualität: Dekan Czechs Verwurzelung in Gott
Etwas theologischer spricht er zum Schluss von seiner eigenen Glaubenspraxis. Ohne regelmäßige Übung könnte Religiosität nämlich auch verkümmern: „Glaube ist ein permanentes Einüben und Vertiefen.“ Wie ein Baum gen Himmel und gleichzeitig immer tiefer in die Erde wachse, müsse auch der Mensch sein Leben in Gott verwurzeln, um einen stabilen Stand zu haben. Neben der Feier der Eucharistie gebe ihm vor allem das Stundengebet diese Einübe-Routine. Zeit in der Natur beim Spazieren oder Walken helfe ihm, seine Gedanken zu ordnen und Ideen für seine Predigten zu entwickeln. Auch seine geistliche Heimat bei der Schönstatt-Gemeinschaft gibt ihm Halt bei seinem anspruchsvollen Dienst.
Ein Vers aus dem kirchlichen Nachtgebet der Komplet ist ihm ganz besonders wichtig und lässt sich eigentlich auch wie ein Titel über sein Leben schreiben: „Herr auf dich vertraue ich, in deine Hände lege ich mein Leben.“ (Resp.)
Text und Fotos: Leander Stork
Oktober 2023
Hintergrund:
Nach der coronabedingten Unterbrechung des Formates erscheinen ab sofort wieder regelmäßig neue Portraits unserer Dekane. Die anderen Texte aus dieser Reihe finden Sie ebenfalls auf unserer Homepage.