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Wichtiges
Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats am 17./18. April 2015

Schlaglichter auf eine lebendige Vollversammlung

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20.04.2015

Aus dem Bericht des Generalvikars

Bistumsleitung und Diözesanrat sind ein Stück ihres Weges gemeinsam gegangen und stehen nun vor neuen Herausforderungen. Dies wurde in der nun schon traditionellerweise zu Beginn der Vollversammlung stehenden Rede des Generalvikars deutlich: Beide Organe, so Msgr. Harald Heinrich, haben die fundamentalen Arbeiten an Raumplanung und Strukturreform hinter sich und orientieren sich nun neu.

Nun sei „verstärkt wieder inhaltliche Arbeit angesagt: die Weitergabe des Glaubens konkret vor Ort: in den Familien, in unseren Pfarrgemeinden, in den Verbänden und Gruppen, ebenso der ehrliche Blick auf die Nöte der Menschen, die auf das Engagement der Christen heute warten, im sozialen, gesellschaftlichen, familiären, politischen ... Bereich.“ Der Generalvikar sähe hier künftig gerne einen pragmatisch pastoralen und sozialen Schwerpunkt, weniger: „mit einer Positionierung und Resolution an die Öffentlichkeit zu gehen“.

Entsprechend lobte Msgr. Heinrich das Thema der Frühjahrsvollversammlung, die „Flüchtlingsarbeit“, als „ein exzellentes Beispiel“. Er sieht darin ein großes Anliegen der Diözese, die einen Sonderetat von drei Millionen Euro zur Verfügung stellt (Beschluss des Diözesansteuerausschusses), um Flüchtlinge unterzubringen. Mit weiteren 800.000 Euro sichert das Bistum die Flüchtlingsberatungsstellen der Caritas. Außerdem leben derzeit 102 Flüchtlinge in neun pfarrlichen Gebäuden oder Wohnungen von Pfarreien und 12 weitere Immobilien seien in Bearbeitung bzw. angekündigt; Orden, Verbände und Jugendhilfe bringen weitere 150 Personen unter und wollen die Kapazitäten um etwa 300 Plätze ausweiten, „auch für unbegleitete Minderjährige“.

Aus der Diskussion

Viele und ganz unterschiedliche Wortmeldungen folgten auf den Bericht von Generalvikar Harald Heinrich, der auch den geringen Rücklauf – von gerade einmal 26 Personen – der 2. Befragungsrunde zur Bischofssynode für Ehe und Familie anmerkte. Dies führte Diözesanratsvorsitzende Hildegard Schütz in ihrem folgenden Bericht auf „eine für Laien sehr schwer verständliche theologisch binnenorientierte Sprache“ in den römischen Fragebögen zurück. Das Unverständnis dafür, das aus einer Wortmeldung zu dem Thema sprach, beantwortete Bischof Konrad Zdarsa mit begütigenden Worten seiner eigenen Erfahrung und der Bitte, solche Unvollkommenheiten mit Milde und Barmherzigkeit zu betrachten.

Auch der Umfang des Fragebogens, der im Vorfeld der bischöflichen Visitationen auszufüllen ist, wurde von einem Mitglied beklagt. Die Bistumsleitung warb um Verständnis: Ein genaues und detailliertes Nachfragen zeuge von der Ernsthaftigkeit des Bemühens, die Situation in den Pfarreien zu erfassen; diesen selbst zeige die Beantwortung der Fragen wie in einem Spiegel, wie viel an Engagement vorhanden sei, dessen man sich vielleicht gar nicht mehr im vollen Sinne bewusst gewesen sei. Auch, so Bischof Zdarsa, werde man nach einer ersten Runde der Visitationen das bisherige Vorgehen betrachten und die gemachten Erfahrungen auswerten: „Die zweite Runde wird sich unterscheiden.“

Predigt des Bischofs – Bericht der Vorsitzenden

Ein schönes Beispiel für die Weiterführung eines Gedankens ergab sich, als Hildegard Schütz eine Formulierung aus der Predigt ihres Bischofs aufgriff, der die Vollversammlung mit einer Eucharistiefeier liturgisch zu eröffnen pflegt. In seiner Predigt hatte Bischof Konrad darüber nachgedacht, was das Besondere eines konkreten und gelebten Glaubens ist. Der Glaube sei selber ein personales Geschehen, betonte er. Er zeige sich darin, im Namen Jesu Christ zu reden, zu handeln und auch bereit zu sein, dafür zu leiden. „Ein lebendiger Glaube bedeutet zu wissen, woran wir glauben“ und dafür auch sein Herz zu schenken. Denn das bedeute Glauben von seiner lateinischen Herkunft her: „credere“ komme von „cor dare“, das Herz schenken. Auf diesen Gedanken ging auch die Diözesanratsvorsitzende bei ihrem Bericht für die Vollversammlung ein. Glauben, „cor dare“, befähige uns dazu, den Menschen unser Herz geben zu können, besonders den Menschen, die unser Herz ganz dringend brauchten, Flüchtlingen und Asylsuchenden.

„Dem Tod entronnen – bei uns willkommen?“

Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es weltweit über 50 Millionen Flüchtlinge, Asylsuchende und Binnenvertriebene. Der massive Anstieg wurde vor allem durch den Krieg in Syrien verursacht, in dessen Verlauf fast die Hälfte der syrischen Bevölkerung (Gesamtzahl etwa 21 Millionen) entwurzelt wurde. Entgegen landläufiger Vorurteile kommen all diese Menschen nicht nach Deutschland. Viele sind Entwurzelte im eigenen Land oder suchen Schutz in den Nachbarländern. So hält Pakistan mit 1,6 Millionen afghanischer Flüchtlinge den weltweiten „Rekord“. Knapp darunter liegt der Libanon, der aus dem Nachbarland Syrien 1,2 Millionen Kriegsflüchtlinge aufgenommen hat, ein Land mit 4,5 Millionen Einwohnern.

Auch in Deutschland sind die Zahlen der hier eintreffenden Flüchtlinge sprunghaft angestiegen, rund 200.000 sind hier 2014 gestrandet, und dieses Jahr werden noch mehr erwartet. Allein in Augsburg leben rund 1200 Menschen, die aus Kriegen, Bürgerkriegen, Armut und Verfolgung geflohen sind. Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Augsburg hat deshalb diese Situation nicht nur zum Thema seiner Vollversammlung gemacht, sondern versucht, sich mittels einer Umfrage bei den Pfarreien, Ordensgemeinschaften und Verbänden ein Bild des bereits vorhandenen Engagements zu machen. Die sollte einerseits dokumentieren, dass die Katholiken unserer Diözese hier bereits in beachtlicher Weise aktiv sind, sie aber auch zu weiterem Einsatz anregen.

Auf die Umfrage des Diözesanrats geantwortet haben 179 Pfarreien, 37 Ordensgemeinschaften und 9 Verbände. Deren Aktivitäten wurden in eine Diözesankarte eingetragen. Außerdem wurden von der Diözese selbst 6 Unterkünfte für die Unterbringung von ca. 95 Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Weitere 5 Gebäude bzw. Wohnungen sind geplant. Pfarreien bzw. Pfarreiengemeinschaften haben insgesamt ca. 10 Unterkünfte für die Flüchtlinge bereitgestellt, katholische Verbände 6 und die Ordensgemeinschaften 14. Speziell für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge stehen 3 Einrichtungen zur Verfügung.

Nach den Vorträgen der Experten und der Diskussion hatten dann zwei Pfarreien die Möglichkeit, ihren umfänglichen Einsatz für die dort lebenden Flüchtlinge vorzustellen. Was passiert, wenn einem Dorf von 350 Einwohnern 34 Flüchtlinge angekündigt werden, unterzubringen im alten Wirtshaus? – Richtig, es gibt das, was man einen „Mordswirbel“ nennt, eine große Aufregung. Sprüche wie, dass man sich nachts nicht mehr aus dem Haus trauen könne, machen die Runde.

Und so war es auch 2012 in Deffingen, das zu Günzburg gehört. Doch nach einer Informationsveranstaltung wendete sich das Blatt und immer mehr Leute fragten sich: „Was brauchen die?“ Heute organisieren fünf Personen ein umfassendes Hilfsangebot für Flüchtlinge, unterstützt von 20 Helfern. Vom Deutschkurs zum Alphabetisierungskurs, vom Nähkurs zum Fahrdienst, ergänzt durch Einzelaktionen wie gemeinsames Kochen und Backen. So erzählt es Andrea Krenss. Die frühere Pfarrgemeinderatsvorsitzende von St. Ulrich in Deffingen sieht ihr Engagement mit seinen Höhen und Tiefen als Bereicherung an: „Ich hab‘ die Welt zu Gast.“

Ein kleines Stück dieser Bereicherung durch Gäste brachte Elisabeth Wiedemann mit: Neun Musiker der Trommelgruppe „Africans“. Die Pfarrhelferin aus dem nahen Diedorf war gemeinsam mit ihrem Pfarrer Hans Fischer ins nahe Augsburg gekommen. Die dort untergebrachten 48 jungen Männer kommen mehrheitlich aus Afrika. Helfer organisieren einen Deutschtreff, Kolping eine Altpapiersammlung, in die die Asylbewerber integriert werden, es wird katholisch gebastelt (Osteraktion des KDFB) und afrikanisch gekocht (Pfarrfest). Einige der Flüchtlinge haben in Diedorf bereits eine Arbeit, es gibt Patenschaften, Begleitung zu Arztterminen und Einladungen in den Sportverein. Aber getrommelt wird afrikanisch, im Haus St. Ulrich auch für den Diözesanrat, zur großen Begeisterung der Teilnehmer dieser lebendigen Vollversammlung.

Michael Widmann