Studientag: Gutes zusagen, auch im Sterben
Der Abschied von geliebten Menschen fällt schwer. Umso mehr ist es Aufgabe der Kirche, gerade auch die letzten Momente im Leben zu begleiten. Neben den klassischen Ritualen wie der Krankensalbung und der Kommunionspendung rückt der sogenannte Sterbesegen immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Wie diese neue liturgische Feier aussehen kann, haben an diesem Dienstag rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei einem Studiennachmittag in Augsburg gemeinsam mit Liturgiereferent Ulrich Müller überlegt.
Der Sterbesegen als neue liturgische Feier:
Schon seit einigen Jahren entsteht mit dem sogenannten Sterbesegen ein neues liturgisches Element, das in seiner Einfachheit in Momenten zum Einsatz kommen soll, wenn auch erfahrenen Seelsorgerinnen und Seelsorgern die Worte fehlen oder die üblichen Rituale am Lebensende unpassend erscheinen. Da sich die Lebens- und damit auch die Sterbenswirklichkeit der Menschen aktuell stark verändert, müssen auch die kirchlichen Angebote hinterfragt, ergänzt und angepasst werden. Auch Wissen und Verständnis um Sinn und Zweck der klassischen Sterbesakramente lassen erkennbar nach. Viele Klinikseelsorger praktizieren daher bereits den Sterbesegen, als eine Möglichkeit „dem Sterbenden Stärkung in Gebet und Segen zukommen zu lassen“, wie der Leiter der Krankenhausseelsorge im Bistum Augsburg, Pfarrer Michael Saurler, betonte.
Theorie folgt der Praxis:
Nach der offiziellen Begrüßung durch die Leiterin des Bischöflichen Seelsorgeamts Angelika Maucher folgten zunächst drei Blitzlichter aus der Praxis: Matthias Mader (Pastoralreferent an der Klinik Kaufbeuren), Christina Drepper (Pastoralreferentin an der Klinik Starnberg) und Gerhard Kögel (Pfarrer an der Uniklinik Augsburg) stellten ihre Erfahrungen lebendig und wirklichkeitsnah vor. So schilderte Mader – und war sich darin mit den beiden anderen einig –, dass der Sterbesegen dazu in der Lage sei, den „Moment des nahen Todes aufzunehmen und ins Wort zu bringen“. Der Segen reiche meist als Weggeleit und Trostvermittler sowie für die Glaubensstärkung aus, könne aber auch auf eine zuvor gespendete Krankensalbung aufbauen. Berücksichtigt werden müsse dabei auch, dass die Eucharistie als Wegzehrung oftmals aufgrund der schwachen körperlichen Verfassung der Patientinnen und Patienten ungeeignet sei oder gar nicht mehr gespendet werden könne.
Im Zentrum der Fortbildung stand der Vortrag von Domvikar Ulrich Müller, dem Leiter des Fachbereiches für Liturgie im Bischöflichen Ordinariat. Er stellte die Segensfeier ganz allgemein den anwesenden Seelsorgerinnen und Seelsorgern vor und verortete diese dann auch liturgisch und pastoral im Bereich der Sterbebegleitung. Andere Bistümer in Deutschland hätten bereits Ablaufvorschläge für den Sterbesegen entworfen, die in der Regel neben dem zentralen Sterbesegen mit Kreuzzeichen auf Stirn und Hände auch Gebete, Kyrierufe, einen Lesungstext und das Vater unser vorsähen. Eine Besonderheit besteht darin, dass die möglicherweise anwesenden Angehörigen auch in die Feier eingebunden werden können, indem diese ebenfalls den Sterbenden segnen dürfen.
Sterbeliturgie im Wandel:
Während des Vortrages wurde deutlich, dass sich die Sterbeliturgie über die Jahrhunderte hinweg immer wieder gewandelt hat. Durch deren Gestaltung und Ausrichtung müsse stets deutlich werden, dass vor allem der getaufte Sterbende der Adressat sei. Ulrich Müller warnte in diesem Zusammenhang davor, die verschiedenen Feiern gegeneinander auszuspielen. Gerade diese Vielfalt ermögliche es den Seelsorgerinnen und Seelsorgern, geeigneter auf die Bedürfnisse des Sterbenden einzugehen. Weil oftmals die Bindung an die Kirche fehle und komplexere amtliche Feiern manche überfordern würden, sei es wichtig, eine schlichte, klar verständliche und ganzheitliche Feier wie die des Sterbesegens anzubieten.
Im abschließenden Gespräch wurde nach der Arbeit in Kleingruppen über Chancen und Möglichkeiten des Sterbesegens diskutiert. Die einzelnen Arbeitsgruppen verwiesen mit Blick auf das eigene Tätigkeitsfeld auch auf Bedenken und Unklarheiten. Gleichzeitig formulierten sie Anregungen sowie fachliche Bitten an den Bischof. So kam der Wunsch nach einem eigenen Augsburger Faltblatt auf. Dieses solle so gestaltet sein, dass es im Idealfall als eine Art Urkunde den Angehörigen mitgegeben werden könne. Gleichzeitig müsse diese Feierform insgesamt bekannter gemacht werden. Im Hinblick auf die Zukunft äußerten die pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Hoffnung, auch die Kolleginnen und Kollegen aus anderen Tätigkeitsfeldern, etwa in Kranken- und Altenpflege oder im Hospiz schulen zu können.
Hintergrund:
Im Bistum Augsburg setzt man sich angesichts einer sich wandelnden pastoralen und personellen Lage verstärkt mit dem Sterbesegen auseinander. Der Studiennachmittag der Abteilung Kranken- und Krankenhausseelsorge in der Hauptabteilung II: Seelsorge stellte auf diesem Weg einen weiteren Schritt dar. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren viele Mitglieder eines bundesweiten und ökumenischen Kurses für die Klinische Seelsorgeausbildung (KSA). Dass diese Fortbildung nun stattfand, geht auf ein Gespräch des Sprecherkreises der Arbeitsgemeinschaft Klinikseelsorge mit Bischof Dr. Bertram Meier zurück, der die Spendung des Sterbesegens ausdrücklich unterstützt und befürwortet.