„Synodalität ist eine Stilfrage der Kirche“
Auf der konstituierenden Vollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Augsburg hat Bischof Dr. Bertram Meier Synodalität als „Stilfrage der Kirche" und als „Lerngemeinschaft" bezeichnet. Bischof Bertram: „Synodalität hat als Methode selbstverständlich mit Veränderung zu tun, und wer dies abstreitet und behauptet, die Kirche müsse ewig die gleiche bleiben, befindet sich auch theologisch auf Abwegen: Denn alles hier auf Erden ist der Vergänglichkeit unterworfen." Die Diözesanratsvorsitzende Hildegard Schütz sagte: „Synodalität im Sinne von 'ehrlich miteinander reden', gilt für alle Gremien. Wenn alle miteinander reden, dann können alle teilhaben und dann bleibt niemand zurück."
In ihrem Bericht blickte die Diözesanratsvorsitzede auf vier ereignisreiche Jahre in der vergangenen Amtsperiode zurück: Natürlich habe die Coronapandemie schmerzliche Auswirkungen gehabt, mit Zeiten ohne öffentliche Gottesdienste und mit sehr reduzierten Formen der Begräbnisfeiern. Die Frühjahrsvollversammlung 2020 wurde abgesagt, in 2021 fand diese in digitaler Form statt. Neue Formate wie Online-Stammtische für Pfarrgemeinderatsvorsitzende sollen, so Hildegard Schütz, aber auch in Zukunft beibehalten werden.
Auch das Thema „Europa“ habe den Diözesanrat während der ganzen Amtsperiode mit verschiedensten Veranstaltungen begleitet. Der Angriff des russischen Präsidenten Putin auf die Ukraine habe in Europa die Friedenszeit beendet. Hildegard Schütz: „Millionen von Menschen sind vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet. Viele davon haben bei uns Zuflucht gesucht bzw. suchen sie noch immer. Damit erlangte das Thema der diesjährigen Frühjahrsvollversammlung ‚Ich war fremd und ihr habt… – Anspruch und Wirklichkeit christlichen Handelns für und mit Geflüchteten‘ schmerzliche, ungeahnte Aktualität.“
Die Vorsitzende kündigte an, dass sich der Diözesanrat aktiv in die Gestaltung des Ulrichsjubiläums 2023/24 einbringen werde. Schon die kommende Frühjahrsvollversammlung werde sich inhaltlich mit dem heiligen Ulrich beschäftigen.
Abschließend zeigte sich Hildegard Schütz für die Arbeit der vergangenen vier Jahre äußerst dankbar: „Rückblickend betone ich, dass ich den Diözesanrat als ein Gremium erlebt habe, in dem äußerst engagierte und kompetente Mitglieder zusammengearbeitet haben, die hochmotiviert ihre ganz persönlichen Charismen eingebracht haben und so sehr überzeugend in die Kirche und in die Gesellschaft hineingewirkt haben. So war es mir eine große Freude, dieses Gremium leiten zu dürfen und so einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, der Kirche von Augsburg ein überzeugendes, freundliches und offenes Gesicht zu geben.“
Bischof Bertram schilderte in seinem Bischofswort zum Auftakt der Vollversammlung den derzeit laufenden Synodalen Prozess und nannte diesen ein „aufwändiges Verfahren - aber ein lohnendes. Denn was wie ein ständiges Hin und Her aussieht, bildet genau das ab, was Synodalität meint: Hinhören und Sprechen und Hinhören und Sprechen – nur so ist gewährleistet, dass auch dem Hl. Geist Raum gegeben wird und keine Schieflage entsteht, die ja immer mit einem Machtgefälle einhergeht." Der Bischof prognostizierte, dass Papst Franziskus als „Papst der Synodalität" in die Geschichte eingehen werde.
In seiner Rede zeigte der Bischof Wege auf, wie die Mitglieder des Diözesanrates Synodalität leben und befördern könnten. „Synodalität", so der Bischof, „ist wörtlich verstanden die Weggefährtenschaft, das gemeinsame Unterwegssein. Papst Franziskus erinnert in seiner Ansprache zum 50jährigen Bestehen der Bischofssynoden im Oktober 2015 daran, dass schon beim Kirchenvater Johannes Chrysostomos (349-407) Kirche und Synode synonymisch verwendet werden." Die Kirche, zitierte der Bischof den Papst, „ist nichts anderes als das gemeinsame Vorangehen der Herde Gottes auf den Pfaden der Geschichte zur Begegnung mit Christus, dem Herrn.“
Synodalität, so der Bischof, sei ein Lebensstil: „Wir sind beständig eingeladen, uns als Weggefährten des Glaubens auszutauschen: im Familien- und Freundeskreis, unter Arbeitskollegen und in der Freizeit, auf Pfarreiebene, in Bibelkreisen, im Pfarrgemeinderat und Pastoralrat sowie auf Diözesanebene in Verbänden, Berufsgruppen und im Diözesanrat. Es gibt unzählige Möglichkeiten, sich zu vernetzen, dazuzulernen und anderen an meinem Glauben Anteil zu geben. Christsein lebt vom Austausch. 'Begegnen, Zuhören, Unterscheiden' sind die zentralen Schritte zu einem guten Miteinander, nicht nur in der Kirche, sondern überall da, wo Menschen gemeinsam unterwegs sind. Denn sie setzen unwillkürlich einen Wandlungs-, ja einen Reifungsprozess in Gang."
So sei Synodalität nichts Neues, sondern müsse nur neu entdeckt werden. Bischof Bertram: „Woran erkennt man aber nun, dass ein Gespräch, ein Disput, ja eine Auseinandersetzung geistgewirkt ist? Sie können sich vermutlich die Antwort selber geben: an der Haltung derer, die miteinander sprechen."
Der Bischof regte an, dass der neu zusammengesetzte Diözesanrat drei Themen vorrangig auf Ihre Agenda nehmen und dazu Sachausschüsse bilden möge: Europa - denn: „Europa wackelt. Nationalismen greifen um sich; der europäische „Trumpismus“ greift um sich: America first – mein Land hat Vorrang! Deshalb mein Wunsch: Bilden Sie erneut einen Sachausschuss Europa und fördern Sie persönliche Beziehungen, Partnerschaften, Freundschaften!" Zudem regte der Bischof Sachausschüsse zu den Themen „Synodalität" und „Evangelisierung und Berufung" an - denn Synodalität sei eine Stilfrage, und jeder Getaufte sei, wie es in "Evangelii gaudium" heiße, unabhängig von seiner Funktion in der Kirche und dem Bildungsniveau seines Glaubens aktiver Träger der Evangelisierung.
In der folgenden Aussprache gab sich der Bischof gegenüber Nachfragen zu den Themen im sog. Synodalen Weg nachdenklich. „Mir geht es um Synodalität als Lebensform in der Kirche", sagte er, und: „Ich habe bei den Vollversammlungen in Frankfurt gelernt, mit Gegensätzen umzugehen und mich immer zu fragen: 'Wo ist in der Meinung des oder der Anderen, die doch manchmal so anders ist als meine, ein Körnchen Wahrheit?' Bleiben wir im Gespräch und behalten wir den guten Ton." Ganz still wurde es im Saal, als der Bischof sagte: „Ich wollte schon als Kind Pfarrer werden. Ich bin immer als Priester angetreten. Und ich frage mich: Wie verbinde ich meine theologischen Überzeugungen mit den Themen, die derzeit diskutiert werden und auch mit dem, was mir als göttliche Offenbarung vorgegeben ist? Ich bin selber sehr am Ringen, aber ich bin auch der Mitgehende, Mithoffende - und vielleicht auch der Mitliebende."
Schon beim Eröffnungsgottesdienst in der Ulrichsbasilika hatte Bischof Bertram indirekt das Thema der synodalen Kirche angesprochen. Es war Martinstag, und daher erinnerte der Bischof mit einem Hirtenstab in der Hand an den heiligen Martin, der seinen Mantel mit einem Bettler geteilt hatte. Er stelle es sich nicht so vor, so der Bischof, dass Martin vom Pferd herab seinen Mantel durchtrennt und eine Hälfte dem Bettler heruntergeworfen habe: "Ich glaube, dass Martin vom Pferd hinab gestiegen ist, dem Bettler aufgeholfen und ihn mit in seinen Mantel gehüllt hat - als Schutzmantel für den Oberen und den Unteren." Das, sagte der Bischof weiter, stelle er sich unter einer teilenden Kirche vor: "Teilen ist kein Auseinanderdividieren, sondern ein 'Sharing', Partizipation, Kommunikation."
Der Diözesanrat tagt noch bis zum Samstagmittag. Am zweiten Tag stehen die Vorstandswahlen für die neue Amtsperiode an.