Vom Lech an die Seine
„Paris ist eine Messe wert“, soll König Heinrich IV. einst gesagt haben, nachdem er nach seiner Konversion zum Katholizismus die Herrschaft über Frankreich übernehmen konnte. Was dem französischen König von protestantischer Seite in den Mund gelegt wurde, gilt natürlich umso mehr für mehr als ein Dutzend Priester aus dem Bistum Augsburg, die sich zu einer Studienreise der Marianischen Priesterkongregation jüngst auf den Weg an die Seine machten. Nicht nur eine, sondern mehrere Heilige Messen wurden gemeinsam gefeiert, wobei die Feier in der neu sanierten Kathedrale „Notre Dame“ einen Höhepunkt bildete. Auch zahlreiche Begegnungen, unter anderem mit dem Generalvikar der Erzdiözese Paris, standen auf dem Programm.
Der Montagmorgen steht bei den meisten Priestern im Zeichen des „freien Tages“. So fanden sich 16 Sodalen der Marianischen Priesterkongregation bereits um 7 Uhr am Augsburger Hauptbahnhof ein, um den Hochgeschwindigkeitszug TGV in die französische Hauptstadt zu besteigen. Nach rasanter Fahrt, mit 320 Kilometer pro Stunde ab der französischen Grenze, kam die Gruppe am Pariser Gare de l‘Est an, die Zimmer bezogen und ein erster Erkundungsgang durch die Stadt, unter fachkundiger Leitung des früheren Priesterseelsorgers Monsignore Thomas Gerstlacher, der auf dieser Reise als Tour-Guide fungierte, unternommen.
Ziel der Studienfahrt der Kongregation war es laut Pfarrer Markus Lidel, Präfekt der Kongregation, die pastorale Situation einer europäischen Großstadt kennenzulernen, die aufgrund des französischen Laizismus stark säkular geprägt ist. Erstaunlich sei dabei vor allem, dass in der Hauptstadt wie in ganz Frankreich in den vergangenen Jahren die Zahl der Erwachsenentaufen und -firmungen stark zugenommen hat. An die 10.000 Erwachsene wurden zu Ostern dieses Jahres in der „Grande Nation“ durch die Taufe in die katholische Kirche aufgenommen. Auf die Frage nach den Gründen für diese Entwicklungen antwortete der Generalvikar des Pariser Erzbischofs, Dominique Catta, der die Reisegruppe im Ordinariat empfing: „Das wissen wir auch nicht. Wir haben in unserer pastoralen Arbeit nichts anders gemacht, als in den Jahren zuvor.“ Im Gespräch mit dem Generalvikar wurde aber auch deutlich, dass das pastorale Konzept der letzten Jahrzehnte, seit dem Wirken von Kardinal Lustiger (1981–2005) andere Schwerpunkte setzte.
Ein Fokus der Pariser Erzdiözese liegt auf der Aus- und Weiterbildung der Gläubigen. So gibt es zahlreiche Angebote zur Glaubensvertiefung auf diözesaner Ebene, aber auch in den einzelnen Gemeinden werden regelmäßige Treffen zum gemeinsamen Bibelstudium, Lesen von kirchlichen Dokumenten und zur Auseinandersetzung mit theologischen Inhalten angeboten. Daneben ist die caritative Arbeit in der ganzen Stadt ein wesentliches Aufgabenfeld der Kirche. 8.000 notleidende Menschen wurden 2024 im Erzbistum begleitet, 174.000 Essen an Bedürftige ausgegeben und 2.350 Übernachtungen in Pfarreiräumen und Gastfamilien für Wohnungslose vermittelt. Für viele Menschen sei die Kirche inmitten der Großstadt zu einem Hoffnungsanker geworden.
Deutlich wurde das auch in den verschiedenen Kirchen, welche die Reisegruppe besuchte. Architektonisch stach die Kathedrale von Créteil hervor, die in der gleichnamigen Pariser Vorstadt liegt. Ein hochaufragender Holzbau, umgeben von vielstöckigen Mietskasernen, der sich den Menschen in einer schlichten Eleganz zeigt und im Innern eine faszinierende Akustik bietet. Auch Notre-Dame-de-Pentecôte im Geschäftsviertel La Défense bietet geistliche Heimat für die Menschen, welche täglich in die Bürohochhäuser kommen. Hier finden die Gottesdienste und Angebote vor allem während der mittäglichen Pausenzeiten statt, denn nach Geschäftsschluss ist das Viertel nahezu ausgestorben. Die Kirche zeigt in Paris ein starkes Bemühen dort zugegen zu sein, wo die Menschen tatsächlich sind.
"Eine besondere Freude war der Besuch in der neuerstandenen Kathedrale Notre Dame de Paris", so Pfarrer Markus Lidel. Nach einer kleinen Wallfahrt zum Reliquiar der Dornenkrone in der Scheitelkapelle des Doms feierten die Sodalen gemeinsam mit dem Vize-Rektor der monumentalen Kirche, Père Olivier Scache, und mehreren hundert Gläubigen, die Hl. Messe. Abgerundet wurde die Paris-Reise durch den Besuch am Grab des hl. Vinzenz von Paul und in der Rue du Bac, wo der hl. Katharina Labouré die Gottesmutter erschienen sein soll und sich zudem das Grab der hl. Louise von Marillac befindet.
Nach fünf Tagen in Paris und vielen Eindrücken trat die Priesterkongregation wieder den Heimweg an. "Die Gemeinschaft unter den Mitbrüdern war eine Stärkung für den nicht immer einfachen Dienst vor Ort und ein weiterer Beitrag, den Zusammenhalt innerhalb der Priesterschaft unseres Bistums zu stärken", resümmierte Pfarrer Lidel.
Zur Marianischen Priesterkongregation
Die Gründung der Augsburger Priesterkongregation erfolgte am 29. September 1913 in Augsburg St. Stephan mit 55 anwesenden Priestern. Sie wurde am 13. Dezember 1913 durch Bischof Maximilian von Lingg anerkannt. Die MC führt den Titel "Visitatio Beatae Virginis Mariae" (Maria Heimsuchung) und feiert das Titularfest am 4. Juli.