„Wir demonstrieren Jesus der Welt, ihn zeigen wir vor“
Augsburg (pba). Mit Blumenschmuck und Blasmusik, als Gemeinschaft in Gebet und Gesang mit farbenfreudigen Gewändern: So zeigten an diesem sonnigen Tag rund tausend Gläubige während des Gottesdienstes und der Prozession durch die Augsburger Innenstadt am Hochfest des Leibes und Blutes Christi offen und selbstbewusst ihren Glauben. „Fronleichnam ist etwas Besonderes. Wir machen die Portale unserer Kirchen auf und gehen nach draußen. Was wir das ganze Jahr hindurch im heiligen Bezirk unserer Gotteshäuser feiern, tragen wir heute hinaus in die Öffentlichkeit“, richtete sich Bischof Dr. Bertram Meier an diesem Feiertag an die Frauen, Männer und Kinder im gut gefüllten Dom.
Während des feierlichen Gottesdienstes formulierte Bischof Bertram seinen Traum, dass aus der Provokation der Prozession durch die Stadt eine Einladung zum Mitgehen werden könne, dass „sich der Weggemeinschaft mit Jesus“ viele anschließen würden. Denn es gäbe zwar viele Wege, aber es stelle sich die Frage, wo sie endeten. „Der Weg, der ans Ziel führt, ins Glück, ins ewige Leben, ist Jesus selbst“, unterstrich der Bischof. Deshalb sei es für uns Christen geradezu eine Pflicht, sich öffentlich zu zeigen, um Jesus Christus zu präsentieren.
Entschieden positionierte er sich gegen extreme und radikale Kräfte in unserer Gesellschaft: „Die Irrwege, die unser Volk vor knapp hundert Jahren gegangen ist, dürfen sich nicht wiederholen. Wir wollen solche Wege nicht gehen. Sie schaden unserer Stadt, sie schaden unserem Land, sie schaden Europa. Erteilen Sie Gruppierungen eine Absage, die menschenverachtende, demokratiefeindliche und völkisch-nationalistische Ideen fördern wollen.“ Gerade aus unserer Geschichte könnten wir lernen, wie ein Volk, das einem Menschen Heil zurief, sich selbst und die Welt ins Unheil brüllte, so der Bischof.
„Die Waren in unseren Geschäften werden alt, die Kleider kommen aus der Mode, das Brot für den Magen wird altbacken, doch Jesus Christus bleibt.“ Er unterliege keiner Mode, er bleibe derselbe. „Deshalb zeigen wir die Hostie als Brot für die Welt, als Angebot für unsere Stadt.“ Für Bischof Bertram ist das Fronleichnamsfest deshalb eine Demonstration der ganz anderen Art, die sich an alle richte, die neugierig zuschauen, in den Cafés und Bars sitzen, als Zaungäste ihre Handys auf den Prozessionszug richten. Nicht die Forderung mit geballten Fäusten stünde im Zentrum, sondern das Zeigen des Allerheiligsten mit gefalteten Händen. „Wenn wir heute auf die Straße gehen, wollen wir uns nicht selbst präsentieren, sondern wir zeigen den Herrn.“
Nach der Aussetzung des Allerheiligsten zum Ende der Eucharistiefeier im Dom machte sich der Prozessionszug in Richtung der Augsburger Prachtstraße auf. Dieser zog vorbei am Rathaus auf den Herkulesbrunnen zu und wieder zurück zum Domplatz. Jede der vier Stationen stand jeweils unter einem besonderen Gebetsanliegen. So beteten die Prozessionsteilnehmer an den geschmückten Altären für die Stadt und ihre Bewohner, für die Schöpfung und alle Völker der Erde, für Menschen in verschiedenen Lebenssituationen und für die Kirche sowie für alle, die an Christus glauben.
Am Ende der Prozession nach dem sakramentalen Segen und vor dem Te Deum dankte Bischof Bertram allen, die den reibungslosen Ablauf des festlichen Tages erst möglich machten: den Blumenschmuck- und -teppichkünstlerinnen, den Technikern, Sicherheits- und Sanitätskräften sowie allen freiwilligen Helferinnen und Helfern. Neben den Augsburger Innenstadtpfarreien, Mitgliedern des Ritterordens vom Heiligen Grab, von Ordensgemeinschaften, kirchlichen Verbänden und Studentenverbindungen, Vertretern des öffentlichen Lebens, darunter Oberbürgermeisterin Eva Weber, der diözesanen Räte und der Universität nahmen an der Prozession auch Gläubige der ausländischen Gemeinden teil, die der Bischof herzlich begrüßte. Diese trugen neben andern Lektorinnen und Lektoren an den vier Stationen einen Teil der Fürbitten in ihren Muttersprachen vor. Sie legten damit Zeugnis ab, wie sie als Christen ein selbstverständlicher Teil der Ortskirche und Stadtgesellschaft sind.
Musikalisch gestaltet und begleitet wurden Gottesdienst und Prozession von den Chören der Augsburger Domsingknaben, die neben Chorälen die „Missa Festiva“ von Christopher Tambling (1964-2015) sangen, und dem Bläserensemble der Dommusik sowie von der Musikkapelle Lauben-Heising, die wieder den Weg aus dem Allgäu auf sich genommen hat.
Der Begriff „Fronleichnam“ leitet sich vom mittelhochdeutschen vrône lîcham, ‚des Herren Leib‘, ab. Gleich doppelt stand die Eucharistie im Mittelpunkt dieses Festes: Die liturgischen Texte des Tages bezogen sich in besonderer Weise auf das Geheimnis der Eucharistie. In der Prozession, in der die Hostie in einer Monstranz mitgetragen wurde, bezeugten die Christen öffentlich ihren Glauben an Gott. Sie ist zugleich ein Bild des „wandernden Volkes Gottes“ mit Christus in seiner Mitte.