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Wichtiges

Zum Tod von Professor Dr. Joseph Listl SJ (1929 – 2013) - ein Nachruf

28.08.2013

Am vergangenen Freitag, den 23. August 2013, ist der Staatsrechtslehrer und emeritierte Ordinarius für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg Pater Prof. Dr. Joseph Listl SJ im Alter von beinahe 84 Jahren und kurz nach dem 55-jährigen Jubiläum seiner Priesterweihe verstorben.

Die Beerdigung ist am Donnerstag, dem 29. August 2013, um 14.00 Uhr auf dem Ordensfriedhof bei den Tagesheimschulen, 82049 Pullach im Isartal, Wolfratshauser Str. 30. Das Requiem findet anschließend (ca. 15.00 Uhr) in der Pullacher Pfarrkirche Hl. Geist, Parkstr. 9, statt.

Mit dem Verstorbenen geht einer der ganz Großen seines Faches: Nicht nur den Kirchenrechtlern, sondern auch vielen Juristen sind seine Handbücher zum katholischen Kirchenrecht und zum Staatskirchenrecht der Bundesrepublik Deutschland wie auch die von ihm verantwortete Edition der Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland als einschlägige Standardwerke bis heute ein Begriff. Und so war Joseph Listl nicht nur Priester und Ordensmann, sondern auch Professor für Katholisches Kirchenrecht und Mitglied der Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer.

Pater Prof. Dr. Joseph Listl wurde am 21. Oktober 1929 in eine bodenständige und gut katholische Familie in Mariaort bei Regensburg hineingeboren. Einer seiner Brüder ist ebenfalls Priester geworden und seine Familie blieb ihm stets wichtig. Mit dem erfolgreichen Absolvieren der Abiturprüfung im Juli 1948 am Alten Gymnasium in Regensburg waren die Voraussetzungen erfüllt für seinen Eintritt ins Noviziat der süddeutschen Provinz der Gesellschaft Jesu in Pullach. Zunächst studierte Joseph Listl Philosophie an der damals noch in Pullach angesiedelten Hochschule für Philosophie, dem sogenannten Berchmankolleg, um dann für zwei Jahre die Aufgabe eines Präfekten am Kolleg in St. Blasien wahrzunehmen. Schließlich folgte ein Theologiestudium an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt a.M. Am 31. Juli 1958 wurde Joseph Listl zum Priester geweiht.

Schon im Jahr 1960 eröffnete sich für Joseph Listl ein weiterer wissenschaftlicher Horizont, der sein Leben nicht minder nachhaltig prägen sollte: Das Studium der Rechtswissenschaft an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn. Hier wurde er unter der Betreuung des renommierten protestantischen Kirchen- und Staatskirchenrechtlers Ulrich Scheuner (1903 – 1981) im Jahr 1970 mit einer Dissertation zum Thema Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der Rechtsprechung der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland promoviert. Mit Scheuner verband ihn eine lebenslange Freundschaft, die ihren Niederschlag nicht nur in gemeinsamen Publikationen, sondern auch in Scheuners Mitgliedschaft im wissenschaftlichen Beirat des Instituts für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands fand, dessen Gründungsdirektor Joseph Listl von 1971 bis 1997 war.

An diesem Institut erstellte Joseph Listl zahlreiche Rechtsgutachten in staatskirchenrechtlichen Fragestellungen, veranstaltete deutschlandweit Fortbildungsveranstaltungen für die diözesanen Mitarbeiter im Höheren Verwaltungsdienst, baute eine einzigartige staatskirchenrechtliche Fachbibliothek auf und ermöglichte über bemerkenswerte Gemeinschaftswerke die Veröffentlichung namhafter kirchenrechtlicher und staatskirchenrechtlicher Standardwerke, die in überarbeiteten Auflagen bis heute in Gebrauch sind.

Daneben war der überaus engagierte und talentierte Wissenschaftsorganisator auch als viel beachteter Wissenschaftler tätig. Er habilitierte sich im Jahre 1977 an der Juristischen Fakultät der Universität Bochum mit einem Grundlagenwerk zum Thema Kirche und Staat in der neueren Kirchenrechtswissenschaft. Von daher überrascht es nicht, dass er bereits zum Wintersemester 1977/78 als ordentlicher Professor für Kirchenrecht an die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Augsburg berufen wurde. Es folgte eine Fülle wissenschaftlicher Veröffentlichungen, die in der ihm gewidmeten Festschrift zu seinem 70. Geburtstag Dem Staate, was des Staates – der Kirche, was der Kirche ist (1999) aufgelistet erscheint. Trotz der Belastungen, die seine Doppel-Tätigkeit als Universitätsprofessor in Augsburg und als Direktor des Instituts für Staatskirchenrecht in Bonn mit sich brachten, blieb er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1998 Augsburg treu. Einen Ruf an die Juristische Fakultät der Universität zu Köln im Jahr 1983 lehnte er ab.

Seine umfassenden theologischen und staatskirchenrechtlichen Kenntnisse sowie seine Liebe zur Kirche brachte er auf vielfältige Weise in den langen Jahrzehnten seines hiesigen Wirkens auch in der Diözese Augsburg ein. Neben all diesen Tätigkeiten, seinen zahlreichen Verpflichtungen und seinem couragierten Einsatz vergaß Prof. Dr. Joseph Listl jedoch nie, dass er in erster Linie Priester war. Er lebte seine priesterliche Berufung gewissenhaft, war gütig und einfühlsam gegenüber den Hilfsbedürftigen und streitbar, wenn in seinen Augen das Wohl der Kirche gefährdet war.

Seinen Ruhestand hat er zunächst in Bonn und schließlich in der Jesuitengemeinschaft Pedro Arrupe in Unterhaching verbracht. Am Donnerstag, den 28. August 2013, wird nun sein sterblicher Leib dahin zurückkehren, wo sein Weg in der Gesellschaft Jesu begonnen hat: nach Pullach.

Von Professor Dr. Gerda Riedl