Zur Zukunft der Pfarreien im Bistum Augsburg
Am Nachmittag des 8. Juli 2023 nahm sich Bischof Dr. Bertram Meier nach dem großen Auftaktfest zum Ulrichsjubiläum auf dem Rathausplatz Zeit für die Pfarrgemeinderatsmitglieder, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen über die Zukunft der Pfarreien im Bistum Augsburg. Dabei skizzierte er den Anwesenden seine Vorstellungen und Pläne darüber und umgekehrt schilderten diese ihre Erfahrungen vor Ort, so dass ein fruchtbarer Austausch das Gespräch prägte.
Nach der Begrüßung durch die Diözesanratsvorsitzende Hildegard Schütz stellte Bischof Bertram in einem kurzen Impulsreferat drei wesentliche Pfeiler für die Zukunft der Pfarreien im Bistum heraus. In einem ersten Punkt legte er eine theoretisch-theologische Grundierung für das Kirche-Sein im Allgemeinen und betonte: „Alle Getauften sind gemeinsam Kirche. Dabei ist Kirche nicht ‚heiliger Verwalter‘ ihrer selbst, sondern sie soll Zeichen und Werkzeug der Liebe Gottes sein.“ Zur Verwirklichung dieser Sendung sind alle in der ganzen Vielfalt an Diensten und Ämtern aufgerufen. Dabei sind „die Laien“ – eine für Bischof Bertram eher verächtliche Bezeichnung – keineswegs „Dilettanten“, die „halt nichts können“. Ausdrücklich dankte er den Ehrenamtlichen, die sich „mit viel Herzblut“ und hoher Kompetenz in die Pfarreien einbringen und „so engagiert Kirche mitgestalten und leben“.
Mit Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen führte Bischof Bertram in einem weiteren Punkt aus, dass es im Verlauf der Kirchengeschichte immer Zeiten der Veränderungen und Herausforderungen für die Kirche gab, deswegen aber in einem „Dauer-Krisen-Modus“ zu verharren, wird dem Auftrag Jesu Christi nicht gerecht und wäre ein „Armuts-Zeugnis“. In diesem Sinne unterstreicht er die missionarische Dimension der Kirche, als Christen in die Welt hinaus zu gehen und begeisterte Zeuginnen und Zeugen der frohen Botschaft zu sein. Für ihn heißt das konkret, als Volk Gottes in den Pfarreien synodal unterwegs zu sein, also „in Anerkennung der verschiedenen Charismen hinhörend auf Gott und aufeinander, in Respekt voreinander und in Geduld miteinander“, auch wenn wir da ganz am Anfang stehen. Des Weiteren gilt es für die Pfarreien vor Ort genau hinzuschauen, „wo wir gebraucht werden und was unserem Auftrag entspricht“.
In einem dritten und letzten Akt benennt Bischof Bertram konkrete „Eckpfeiler“ für die Zukunft der Pfarreien im Bistum Augsburg. Demnach ist es ihm ein großes Anliegen, dass die Kirche „nah am Ort und am Menschen“ bleibt, so dass eine weitere Zusammenlegung der Pfarreien zu großen Seelsorgebereichen über die sogenannte „Pastoralplanung 2025“ hinaus nicht angestrebt ist. „Umgekehrt gilt es, die pastorale Situation wie auch die finanzielle Entwicklung im Blick zu behalten“, wie Bischof Bertram weiter ausführt. Aus diesem Grund hat er die Einrichtung einer Steuerungsgruppe „Priorisieren und Finanzieren“ angestoßen: „Sie hat den Auftrag, einen Vorschlag für eine Priorisierung kirchlichen Handelns im Bistum zu erarbeiten: Wo legen wir die Schwerpunkte in unserem pastoralen Handeln? Welche Gebäude sind dafür notwendig? Was können und wollen wir finanzieren?“ Zwar sei die Steuerungsgruppe bewusst klein gehalten mit dem Generalvikar als ihrem Leiter, so Bischof Bertram, versicherte aber gegenüber den Anwesenden die Einbeziehung des Diözesanrates und weiterer Personen und Gremien zur Beratung und Meinungsbildung. Abschließend rief er dazu auf, immer wieder über den eigenen Kontext zu blicken und von theologischen wie auch pastoral-praktischen Anstößen aus der Weltkirche zu lernen.
Seine Ausführungen bildeten die Basis für zahlreiche Nachfragen, kurze Statements und Erläuterungen seitens der anwesenden Pfarrgemeinderäte. Das Gespräch wurde dabei von Sieglinde Hirner, stellvertretende Diözesanratsvorsitzende, souverän moderiert. Kritisch gesehen wurde dabei der von Bischof Bertram zuletzt angemahnte Blick hinein in die Weltkirche, da doch die Situation in den jeweiligen Ländern sehr unterschiedlich sei und gerade in Deutschland sich die gewachsenen Strukturen mit ihren Gremien und Verbänden bewährt haben. Entschieden wies der Bischof darauf hin, dass wir keine „deutsche Kirche“ sind. Es tut gut und ist auch notwendig, immer offen für Neues zu sein und über den Tellerrand hinaus zu schauen, um nicht stehen zu bleiben: „Es ist toll, wenn Gremien funktionieren, aber wir müssen insgesamt auch weitersehen.“
Zustimmend nahm Bischof Bertram das Statement eines Teilnehmers zur Kenntnis, dass es gerade bei Sanierungsprojekten „viel Bürokratie“ in der Diözese gibt, die leider so manches Engagement vor Ort verhindert. Die Diözesanleitung ist sich dieser Problematik durchaus bewusst und arbeitet daran, diesem Umstand entgegenzusteuern, obgleich die Dinge hier auch recht komplex sind.
Die vorgebrachte Befürchtung, Reformen in der Diözese ohne vorhergehende Evaluierung umzusetzen, entkräftete der Bischof mit dem Hinweis, sicherlich keine Planungen „auf dem Reißbrett“ vorzunehmen. Es wird von der angesprochenen Steuerungsgruppe die ein oder andere Arbeitsgruppe geben, um auf breiter Basis genau hinzuschauen, was wie geändert werden sollte.
Des Weiteren beschäftigte die Gesprächsrunde die Herausforderung, wie die Pfarreien insgesamt einladender für Andere sein können, gerade „für nicht so kirchlich gebundene Personen“. In dieser Hinsicht ist auch die Äußerung einzuordnen, wonach es einer verständlichen liturgischen Sprache beispielsweise für die Jugendlichen bei den Firmungen bedürfe. Als Kirche, so eine weitere Stimme, müssten wir Kirchen- bzw. Glaubensräume doch gerade so gestalten, dass sich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, eigentlich ja alle willkommen fühlen und so da sein dürfen, wie jede und jeder ist.
In seinen Erwiderungen darauf unterstrich Bischof Bertram, dass wir zwar als Kirche einen „Rahmen abstecken“, aber wir schicken doch keine „Diözesanpolizisten“ in die Gemeinden. Es hängt maßgeblich auch an den Leuten vor Ort ab, wie einladend die Pfarreien sich geben. Für ihn ist der persönliche Kontakt ein ganz entscheidendes Kriterium für eine einladende Kirche: „Wir werden nicht mehr Volkskirche sein, aber Kirche im Volk.“ Er verweist dabei auf die Haussammlungen der Caritas oder die Besuche der Sternsinger als lange bewährte Begegnungsmöglichkeiten. Wenn hier nur mehr Überweisungsträger in die Briefkästen geworfen werden, wie in der Zeit von Corona geschehen, wird seiner Ansicht nach eine große pastorale Chance vertan. In diesem Sinne plädiert er beispielsweise auch dafür, den Neuzugezogenen in einer Pfarrei nicht bloß einen Willkommensbrief zu schicken, sondern hier persönlich vorstellig zu werden. Hinsichtlich der liturgischen Sprache verweist er darauf, dass die liturgischen Texte „nicht einfach veränderbar sind“ und es so immer wieder wichtig sein wird, sie zu erklären und verstehbar zu machen.
Die Feier einer gemeinsamen Andacht zum hl. Ulrich in der Hauskapelle des Tagungshauses St. Ulrich beschloss die Begegnung mit Bischof Bertram. Die Pfarrgemeinderatsmitglieder zeigten sich insgesamt sehr erfreut über das Treffen mit ihrem Bischof. Einer der Teilnehmenden brachte es im Verlauf des Gesprächs wie folgt auf den Punkt: „Er hat sich sehr über die Einladung gefreut und ist dankbar dafür, dass der Herr Bischof so nahbar ist.“
Dr. Christian Mazenik
Das Impulsreferat von Bischof Dr. Bertram Meier zur Zukunft der Pfarreien im Bistum Augsburg können Sie hier nachlesen.