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Deutsche Bischofskonferenz

60 Jahre deutsch-polnischer Briefwechsel - Kirchen haben historischen Meilenstein gesetzt

12.09.2025

In Berlin hat an diesem Donnerstagabend das Symposium „60 Jahre ‚Wir vergeben und bitten um Vergebung‘ – ein Auftrag für die Zukunft?“ der Deutschen Bischofskonferenz in Kooperation mit der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung und der Katholischen Akademie Berlin stattgefunden. Im Mittelpunkt stand die Frage nach der Gegenwart und Zukunft der deutsch-polnischen Beziehungen. Anlass war der 60. Jahrestag des historischen Briefwechsels der polnischen und deutschen Bischöfe im Jahr 1965. An dem Symposium nahmen rund 120 Personen teil.

Bischof Dr. Bertram Meier, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, erinnerte an den historischen Kontext des Briefwechsels: „Mitten im Kalten Krieg schrieben die polnischen Bischöfe am 18. November 1965 an die Bischöfe in beiden deutschen Staaten. Dieser auf Deutsch geschriebene Brief war ein bemerkenswerter Schritt des polnischen Episkopats: Die polnischen Bischöfe haben Mut bewiesen, die Hand auszustrecken. Diese mutige und mit Kosten verbundene Geste und die Antwort der deutschen Bischöfe vom 5. Dezember 1965 können wir heute als wichtige Wegmarke der Versöhnung zwischen Deutschen und Polen würdigen.“

Die Gesprächsrunden wurden von Prof. Dr. Andrea Gawrich (Justus-Liebig-Universität Gießen) moderiert. Im ersten Teil diskutierten Dr. habil. Robert Żurek (Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung) und Botschafter a. D. Rolf Nikel (Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und deutscher Botschafter in Polen 2014–2020) über die Zukunft der deutsch-polnischen Beziehungen in der Mitte Europas. Einen Grund für die derzeit schleppende Entwicklung dieser Beziehungen sieht Żurek im Erfolg des Aussöhnungsprozesses der vergangenen Jahrzehnte: „Die alten Ziele haben wir erreicht. Jetzt müssen wir den Sinn der polnisch-deutschen Zusammenarbeit für die Jugend deutlich machen.“ Beide Diskutanten waren sich einig über die hohe Bedeutung der zivilgesellschaftlichen Arbeit für eine Vitalisierung der länderverbindenden Kooperation. „Dialog ist Prävention. Wir dürfen nicht am Austausch sparen“, mahnte Nikel.

Im zweiten Podiumsgespräch diskutierten der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Knut Abraham MdB, und Botschafter Jan Tombiński (Geschäftsträger ad interim der Republik Polen in der Bundesrepublik Deutschland) über die politischen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Insgesamt wurden diese als zufriedenstellend betrachtet – eine Auffassung, die Umfragen zufolge auch von den Bevölkerungen in beiden Ländern geteilt wird. Belastende Faktoren sind die Haltung zu Nord Stream 2, die polnischen Forderungen nach Reparationen und die Vorstellung von der Vollendung der Europäischen Union. Botschafter Tombiński und Polen-Beauftragter Abraham beurteilten die Vertrauensbasis im Verhältnis der Völker als relativ stabil, aber nicht ungefährdet. Beide sehen hier eine Aufgabe der Zivilgesellschaft und vor allem der Kirchen. Diese hätten sich in der Vergangenheit als „Leuchtturm in den Beziehungen erwiesen. Sie haben historische Meilensteine gesetzt“, so der Botschafter. An diese Leistungen müsse die Kirche unter den heutigen veränderten Umständen erneut anknüpfen.

In der Schlussdiskussion mit allen Teilnehmern wurde die Frage nach den deutsch-polnischen Beziehungen in den weiteren europäischen Kontext gerückt. Bischof Bertram warf die Frage auf: „Gibt es einen gemeinsamen Kompass, eine geteilte Wertebasis der Länder Europas? Haben Deutschland und Polen einen solchen Kompass, eine solche Wertebasis? Oder zeigt sich in der Krise, wie brüchig das Gemeinsame innerhalb Europas, auch zwischen Deutschen und Polen geworden ist?“ In der Diskussion wurde die Notwendigkeit betont, ständig um diese Wertebasis zu ringen. Dies sei vor allem auch deshalb erforderlich, da die Stabilität des Zusammenlebens der Völker nicht allein durch Ökonomie und Politik gewährleistet werden könne.

 

Hintergrund

Das Symposium ist Teil der von der Deutschen und der Polnischen Bischofskonferenz getragenen Aktivitäten im Gedenkjahr 2025. Ihm ging am 11. September 2025 eine nicht öffentliche Fachtagung mit Teilnehmern aus Kirche, Wissenschaft und Politik beider Länder voraus. Zum Gedenkjahr gehören auch die große Wallfahrt nach Dachau aus Anlass des 80. Jahrestages der Befreiung des dortigen Konzentrationslagers, in dem 1.800 polnische Priester inhaftiert und etwa 900 den Tod gefunden haben (28. April 2025), sowie die Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Beginns des polnischen-deutschen Briefwechsels (18. November 2025) in Breslau. Bei dieser Gelegenheit soll auch eine gemeinsame Erklärung der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz unterzeichnet und veröffentlicht werden.

Weitere Informationen finden Sie auf der DBK-Themenseite Historischer Briefwechsel.