„Farbe bekennen! Im Geiste Adolf Kolpings“
„Schwarz - orange - bunt“ – mehrfach schon klang das Motto der diesjährigen Jubiläumsveranstaltung des Kolpingverbandes anlässlich seines 175-jährigen Bestehens in dieser Messfeier an. Das passt sehr gut, denn ich bin überzeugt, dass wir als Christinnen und Christen in einer Zeit wachsender gesellschaftlicher Polarisierungen mehr denn je Farbe bekennen müssen - im Geiste Adolf Kolpings.
Sein leuchtendes Beispiel lehrt uns, was es heißt, die Nöte der Zeit wahrzunehmen und aus dem Glauben heraus zu handeln. Sie, liebe Mitglieder der Kolpingjugend, folgen seinem Vorbild schon seit vielen Jahren, genauer seit 1957, indem sie auf vielfältige Weise die Werte des seligen Gesellenvaters aus Kerpen an Jugendliche weitergeben und sich zugleich bemühen, diese auch selbst zu leben. Als langjähriger Kolpingbruder bin ich diesem Anliegen zutiefst verbunden, weswegen ich heute gerne hierher nach Maria Ward gekommen bin, um mit Ihnen Gottesdienst zu feiern. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, an welchen Stellen wir heutzutage herausgefordert sind und wo es gilt, Farbe zu bekennen. Die heutigen Schrifttexte vom 3. Fastensonntag können uns dabei eine Hilfe sein.
1. Die Nöte der Zeit werden euch zeigen…
Da haben wir in der ersten Lesung von Mose gehört, der die Schafe und Ziegen seines Schwiegervaters Jitro hütet (vgl. Ex 3,1). Nebenbei: Wussten Sie, dass auch der Vater von Adolf Kolping Schäfer war? Mose kümmert sich also um die Herde, da bekommt er von Gott im brennenden Dornbusch den Auftrag, sein Volk aus der Gefangenschaft in Ägypten zu befreien (vgl. Ex 3,10). Die Not jener Zeit war demnach offensichtlich und bestand im Leid und Elend der unterdrückten Israeliten, denen Mose zu Hilfe kommen sollte.
Viele Jahre später waren es für Adolf Kolping die verarmten und vereinsamten Handwerksgesellen, die sein Herz berührten und ihn seine Berufung erkennen ließen. Mit ein paar Mitstreitern gründete er den berühmten Gesellenverein in Köln und bot den Verlorenen ein Zuhause, in dem sie Unterstützung, Bildung und vor allem Liebe fanden. So hat auch Adolf Kolping Menschen aus Notlagen „befreit“, in dem Fall aus Armut, Trauer und Hilflosigkeit.
Wir könnten uns an der Stelle fragen: Was sind die Nöte und Gefangenschaften unserer Zeit? Wem sollten wir heute als Christinnen und Christen zu Hilfe kommen? Ich meine, dass es da eine ganze Reihe an Feldern und Personengruppen gibt, die man aufzählen könnte. Denken wir nur an die vielen Jugendlichen ohne Schulabschluss, die in den meisten Fällen schlechte Chancen haben, in eine Berufsausbildung zu kommen. Oder denken wir an die besorgniserregend hohe Zahl Heranwachsender, die aufgrund einer exzessiven Mediennutzung psychische Probleme haben oder gar unter Mediensucht leiden. Auch gibt es immer mehr junge Menschen, die sich einsam fühlen, ein meiner Meinung nach viel zu wenig beachtetes Thema. Wieder andere können sich als junge Erwachsene kaum noch eine Wohnung leisten. Und ganz viele machen sich angesichts des Klimawandels und der Krisen in der Welt große Sorgen um ihre Zukunft.
Wie wir sehen, gibt es auch heute etliche Nöte, die uns herausfordern, von den gravierenden Problemen in anderen Teilen der Welt ganz zu schweigen. Angesichts dieser Umstände verwundert es mich ehrlich gesagt nicht, dass bei der letzten Bundestagswahl relativ viele junge Menschen Parteien gewählt haben, die mit scharfen Tönen einen teils radikalen politischen Kurswechsel fordern. Doch frage ich: Bieten diese Parteien wirklich Lösungen an, die sinnvoll und aus christlicher Sicht zu befürworten sind? Hier gilt es genau hinzuschauen, weswegen ich sehr begeistert darüber bin, dass die Kolpingjugend mit ihren vielen Ortsgruppen sich schon im Vorfeld der Wahl intensiv mit dieser Thematik beschäftigt und gute Orientierungshilfen angeboten hat. Das führt im Sinne Adolf Kolpings zu der Frage, was angesichts der vielen Herausforderungen konkret getan werden kann.
2. …was zu tun ist.
Erst vor wenigen Wochen habe ich die Kolpingjugend Schwabmünchen hier in unserem Bistum mit dem Bischof-Simpert-Preis ausgezeichnet. Mit ihrem Planspiel „Wahlwerkstatt - Jugend feilt an ihrer Zukunft“ hat sie einen wirklich wertvollen Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie und der Vermittlung demokratischer Grundwerte geleistet. Besonders gefreut hat mich dabei das erklärte Ziel, der allgemeinen Krisenstimmung und Politikverdrossenheit junger Leute entgegenzuwirken. Wir alle wissen, dass es derzeit viele Probleme in unserem Land gibt, doch hilft es nichts, nur zu motzen und zu schimpfen. Erinnern wir uns an die zweite Lesung, in der Paulus ausdrücklich davor warnt, immer nur zu murren (vgl. 1 Kor 10,10), wie einst die Israeliten kurz nach ihrer Befreiung. Berechtigte Kritik darf und muss natürlich sein, doch sollten wir immer auch dankbar sein für vieles, was gut ist, und umgekehrt mithelfen, die schlechten Dinge zu verbessern.
Ich sage darum ganz klar: Lassen wir uns nicht anstecken von Leuten, die immer nur Schwarz-Weiß malen und die Atmosphäre in unserer Gesellschaft durch das Schüren von Ängsten und Aggressionen vergiften! Bekennen wir stattdessen Farbe und bringen, wie es Jesus uns im Evangelium aufgetragen hat, Frucht hervor (vgl. Lk 13,9), indem wir uns mit all unseren von Gott geschenkten Fähigkeiten für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen.
Sie haben als Kolpingjugend dazu in Ihren jüngsten Veröffentlichungen (vgl. „Wahlweise 25 - Arbeitshilfe zur Bundestagswahl“) bereits wichtige Felder benannt, in denen wir uns als Christinnen und Christen hilfreich einbringen können. Ich nenne als Stichworte Europa, das Miteinander in unserer Gesellschaft oder den Klimawandel.
- Bekennen wir gemeinsam Farbe, indem wir uns in der Arbeit, Schule und im Freundeskreis klar positionieren gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit und völkischem Nationalismus!
- Bekennen wir Farbe, indem wir dafür eintreten, dass Jung und Alt nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern sich in Respekt begegnen und einander unterstützen!
- Bekennen wir Farbe, indem wir uns für die Ärmsten und Schwächsten in unserer Gesellschaft, aber auch in anderen Ländern stark machen! Besonders erwähnen möchte ich hier Kolping International.
- Bekennen wir Farbe, indem wir weiter gegen den Klimawandel kämpfen und Ideen entwickeln, wie wir unsere Umwelt besser schützen können!
- Bekennen wir Farbe, indem wir die Würde des Menschen immer und überall verteidigen, und beispielsweise jeder Art von Mobbing und Diskriminierung entgegenstellen!
- Und nicht zuletzt: Bekennen wir Farbe, indem wir uns zu unserem Herrn Jesus Christus bekennen und im Gebet auf Gottes Stimme hören! Es war Adolf Kolping, den viele meinem Eindruck nach etwas einseitig auf seine Leistungen im sozialen Bereich reduzieren, der einst sagte, dass der Glaube an Gott das Fundament allen menschlichen Lebens ist, welches uns wachsen lässt (vgl. Feigenbaum im Evangelium) und zum Heil führt. Soziales Engagement ohne Rückbindung an das Evangelium lehnte er entschieden ab.[1] Ich möchte Sie daher einladen, bei allen Aktivitäten immer auch der Pflege der Spiritualität Raum zu geben.
Liebe Mitglieder der Kolpingjugend,
am Ende möchte ich Ihnen und Euch meinen ausdrücklichen Dank aussprechen dafür, dass Sie schon jetzt an vielen Stellen Farbe bekennen und Ihrem Namenspatron dadurch die Ehre erweisen. Ich wünsche Ihnen und der gesamten Kolpingjugend Deutschland, dass sie auch in Zukunft nicht nachlässt und kreativ bleibt. Gebe der selige Adolf Kolping seinen Segen dazu, der uns seinerzeit folgende Worte mit auf den Weg gab:
„Halten [wir] uns an Gottes Hand fest, trotzen allen kommenden Stürmen (…) und wirken in Gottes Namen weiter, damit das rechte Glück unser Lohn sein möge.“[2]
[1] Vgl. Kracht, Hans-Joachim: Adolph Kolping. Priester, Pädagoge, Publizist im Dienst christlicher Sozialreform. Leben und Werk aus den Quellen dargestellt, Freiburg im Breisgau 1993, 368ff.
[2] Schluss des Neujahrsglückwunsches in den Rheinischen Volksblättern 1865.