Orientalische Christen in Not
Für die meisten christlichen Iraker ist das Ziel ihrer Flucht Syrien. Insgesamt 1,5 Millionen Menschen aus dem Irak – nicht nur Christen – wurden in Syrien aufgenommen. Von den sechs Millionen Einwohnern in Damaskus sind 20 % Flüchtlinge, davon schätzungsweise 60.000 christliche Flüchtlinge. Soweit sie auf ihrer Flucht alles zurücklassen mussten und keine Verwandten oder Stammesangehörigen sie unterstützen, leben sie in bitterer Armut. Der syrische Staat unterstützt in anerkennenswerter Weise die Ausbildung der Flüchtlingskinder, die kostenlos die öffentlichen Schulen besuchen können. Arbeitserlaubnisse erhalten die Flüchtlinge nicht, so dass sie keine Möglichkeit haben, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Die christlichen Flüchtlinge aus dem Irak haben keine Rückkehrmöglichkeit in das von Terrorakten erschütterte Land. Sie haben auch in Syrien aufgrund der fehlenden Arbeitsmöglichkeiten keine Zukunftsperspektive. Wir Christen in Europa sind aufgefordert, unseren verfolgten und geflohenen Mitchristen im Orient beizustehen und diejenigen, die in Europa ihre neue Heimat sehen, aufzunehmen. Dies ist auch möglich, ohne dass bei uns Schwierigkeiten entstehen, beispielsweise durch die schon in der Vergangenheit praktizierten Kontingentlösungen. Die Befürchtung, dass mit diesen Flüchtlingen nur die Zahl der Armen und Unterstützungsempfänger vergrößert wird, ist unbegründet. Wenn trotz labiler Wirtschaftslage mit zahlreichen Arbeitslosen von den 40.000 geduldeten Flüchtlingen in Deutschland in den letzten zwei Jahren 25.000 eine Arbeit gefunden haben, wird die Aufnahme integrierungswilliger junger, in der christlichen Kultur beheimateter Flüchtlinge auch in Zeiten zunehmenden Arbeitskräftemangels kein Problem sein. Die sprachlichen Barrieren sind bei den in der Regel gebildeten, lernwilligen und sprachbegabten Menschen durch entsprechende Lernangebote, die es bereits gibt, zu überwinden. Wenn Pfarrgemeinden, wie bisher, für Flüchtlingsfamilien Patenschaften übernehmen, wird das zusätzlich zum Erfolg der Integration beitragen.
Wir fordern die Europäische Gemeinschaft auf, den aus dem Irak nach Syrien geflohenen Christen eine Aufnahmemöglichkeit in Europa zu eröffnen. Die deutsche Bundesregierung wie auch die Regierungen der einzelnen Bundesländer sind aufgerufen, ihre Bereitschaft zur Aufnahme dieser Flüchtlinge zu erklären. In Zusammenarbeit mit den in Flüchtlingsfragen tätigen gesellschaftlichen Gruppen sind für die Auswahl und Aufnahme Regeln zu entwickeln, die das Auswahlverfahren transparent machen und die Interessen der Flüchtlinge und der aufnehmenden Länder und Kommunen berücksichtigen. Wir müssen Christen in Not beistehen und dürfen nicht zusehen, wie ihre Notlage immer größer wird.
Verabschiedet von der Vollversammlung des Diözesanrats am 30.10.2010.