Bischof Bertram warnt vor hauptamtlicher Rätekirche
Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken - Bischof Bertram Maier warnt beim Synodalen Weg in Deutschland vor vorschnellen Schritten. Diözesanratsvorsitzende Hildegard Schütz moniert fehlende Bewusstseinsänderung hinsichtlich der Missbrauchsthematik innerhalb der Kirche.
Welche Fragen bewegen den Bischof von Augsburg? Welchen Standpunkt nimmt er bei den aktuell in der katholischen Kirche diskutierten Themen ein? Zum Auftakt der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholischen gab Bischof Bertram Meier Auskunft.
Den „Synodalen Weg“ bezeichnete Bischof Bertram als „geistliches Experiment“. Der Bischof sprach an, dass es für eine recht verstandene „Synodalität“ nicht auf (Kampf)abstimmungen ankomme, sondern auf „geduldiges Gespräch, Vermittlung und Verständnis“.
Kritisch äußerte sich der Bischof über den sogenannten Synodalen Rat, für den sich die Vollversammlung des Synodalen Weges ausgesprochen hatte. Die Versammlung habe sich „für eine Richtung entschieden, deren Konsequenzen noch nicht absehbar sind“, so der Bischof. Angefangen bei der nationalen Ebene bis hin zu den lokalen Einheiten – Pfarrei, Dekanat, Diözese – solle es sogenannte Synodale Räte geben, die das kirchliche Leben nach einer gewissen Zeit evaluieren und kontrollieren sollen, ob und inwieweit die Beschlüsse des Synodalen Weges umgesetzt werden. Bischof Bertram merkte an, dass weder die Zusammensetzung, noch die genaue Kompetenz dieser Räte geklärt seien. Wenn hier nochmals Räte über die bestehenden hinaus geformt würden, könne eine „hauptamtliche Rätekirche“ entstehen. „Ich warne vor einem Wasserkopf-Effekt, sind wir dann noch handlungsfähig?“, so der Bischof. Konkret könne die Einrichtung solcher Räte heißen, dass auch einem Bischof nach fünf Jahren die Vertrauensfrage gestellt werden könne. An diesem Vorschlag sei zu merken, „wie einschneidend manche Reform sein könnte“.
Im Blick auf den Missbrauchsskandal hob er hervor, dass es bei der Erneuerung der Kirche nicht nur um Fragen der Rechtgläubigkeit gehe, sondern vor allem um ihre Glaubwürdigkeit. Angesichts der Austrittswelle versicherte der Bischof: „Jeder, den wir verlieren, fehlt Jesus Christus und seinem Evangelium“. Er sei gegen eine Reduzierung der Kirche auf eine „kleine Herde“ oder den „heiligen Rest“.
Die Initiative „Outinchurch“, bei der sich Mitarbeitende der Kirche als quer, homo, bisexuell oder transgener geoutet haben, betrachtete Bischof Bertram als ein „Barometer für die Gesamtwetterlage der Kirche“. Er sagte aber auch klar, warum es im Bistum momentan keine Änderung im Text des kirchlichen Arbeitsrechts geben wird. Allerdings bitte er um „Elastizität in der Anwendung“. Schnell und unreflektiert die Kategorien des weltlichen Arbeitsgerichts in das kirchliche Arbeitsrecht aufzunehmen, halte er für schwierig. Das Bistum Augsburg werde sich nicht „vorschnell generellen Lösungen anschließen, gleichzeitig aber alles tun, um den einzelnen Personen gerecht zu werden“. Diese Notwendigkeit unterstrich auch Schütz. „Dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen ist nicht tragbar.“
In seinem Ausblick sah Bischof Bertram die Kirche, die heute mitten im Wettbewerb von Religionen und auch von Weltanschauungen, die ohne Gott auskommen, stehe, nicht in einer „zweiten Reformation“. Vielmehr erkenne er eine Chance: „Die Kirche wird wieder erstarken, wenn sie getragen ist von vielen Christinnen und Christen. Die Kirche wird strahlen, wenn sie ihre Kraft nicht mit Drohung nach außen oder Angst nach innen erkauft oder gar erzwingt.“
Diözesanratsvorsitzende Hildegard Schütz merkte in ihrem Bericht vor dem Diözesanrat zum Thema „Synodaler Weg“ an, dass es einer Unterscheidung bedarf: „Was ist unveräußerliche Basis, an der nicht gerüttelt werden darf, und wo muss sich die kirchliche Lehre weiterentwickeln?“ Letztendlich sei es wichtig, dass die Ergebnisse der Beratungen des Synodalen Weges als eine Position in den weltweiten synodalen Prozess eingebracht werden. Kritische Worte fand sie vor allem auch im Blick auf die Aufarbeitung der Missbrauchsthematik. „Vielen Gläubigen erscheint es befremdlich, dass in vielen Fällen bis heute keine wirkliche Bewusstseinsänderung stattgefunden hat, dass keine Weiterentwicklung der inneren Haltung zu erkennen ist.“ So müssten sich alle die Frage stellen, was diese Krise für den Fortbestand der Kirche bedeute.
Ausführlich widmete sich die Vorsitzende des obersten Laiengremiums der Diözese der Arbeit in den Sachausschüssen und den geplanten Veranstaltungen, aber auch den erst kürzlich stattgefundenen Pfarrgemeinderatswahlen. „Trotz Diskussionen um Online-Wahl und Allgemeine Briefwahl, trotz Forderungen nach Wahlverschiebung und zwei Jahren Corona-Pandemie, sowie einer aufgeheizten Stimmung gegenüber der katholischen Kirche aufgrund des Missbrauchsskandals, nach unzähligen Gesprächen mit Pfarrgemeinderäten und Pfarrern haben sich meine Hoffnungen bezüglich einer erfolgreichen Wahlbeteiligung erfüllt“. Es habe sich deutlich gezeigt, dass den Gläubigen ihre Kirche am Ort am Herzen liege und sie bereit seien, sich auch für sie einzusetzen. Vor allem die Frauen seien diejenigen, die den Hauptanteil an ehrenamtlich Engagierten (rund 74 Prozent) stellten und damit wesentlich zur Gestaltung pastoralen Lebens in den Pfarreien beitrügen. Schütz zeigte sich zuversichtlich, dass mit einem großen Prozentsatz an „Neulingen“ auch frischer Wind in den Pfarrgemeinderäten einziehe und neue Projekte in Angriff genommen werden könnten. „Wir freuen uns auf viele kreative Ideen. Packen wir es gemeinsam an, geben wir der Kraft des Hl. Geistes Raum in uns und in unseren Gemeinden. Dann wird auch Gutes dadurch entstehen!“
G. Knoller/ S. Kofend