Gott als Anker unserer Hoffnung
1723 schenkte der Abt des Prämonstratenserklosters Rot an der Rot der Pfarrkirche in Steinbach ein Partikel des heiligen Kreuzes. Gemeinsam mit Bischof Bertram und der großen Festgemeinde blickten die heute dort wirkenden Salvatorianerpatres deshalb am Pfingstmontag auf die 300-jährige Geschichte der Wallfahrt zum Heiligen Kreuz zurück. Die Predigt verdeutlichte, dass Reliquien keine magischen Objekte sind, sondern eine Möglichkeit darstellen, Gott zu begegnen.
Schon bald nach der Überreichung der Kreuzreliquie hatte in Maria Steinbach eine Wallfahrt eingesetzt. Die Verehrung wurde kurz darauf durch einen zweiten Schwerpunkt ergänzt, indem die Schmerzhafte Muttergottes in den Mittelpunkt rückte. 1755 veranlasste der Orden den Neubau der Kirche, um den Pilgermassen einen würdevollen und ausreichend großen Andachtsort bieten zu können. Diese kamen stets mit ganz unterschiedlichen Anliegen und Nöten nach Legau, was die dort angebrachten Votivtafeln bis heute verdeutlichen. Bischof Bertram: „Reliquien sind jedoch keine ,magischen Objekte‘, keine ,Wunderautomaten Gottes‘. Es geht nicht um ,Hokuspokus‘ oder gar Aberglaube, sondern um eine Möglichkeit, Gott zu begegnen und sein Wirken in der Welt deutlich zu machen.“
In seiner Predigt ging er vor allem der Frage nach, welchen Stellenwert das Kreuz heute noch in unserem eigenen Leben einnehme: „Ist es für uns eine Leerstelle, ein Vakuum, oder bedeutet es eine Lehrstelle, ein Lehrstück für unser Leben?“ Für viele sei das Kreuz nur noch ein „schönes Schmuckstück“ und kein Heilszeichen. Konkret auf den Kirchenraum in Maria Steinbach übertragen ließe sich erkennen, wie sich im Christentum alles auf das Kreuz hin konzentriere, das nicht von ungefähr im Zentrum des Altarraums stehe. „Am Kreuz führt kein Weg vorbei. Nur über das Kreuz geht es ins Himmelsreich. Per crucem ad lucem“, so der Bischof. Gleichzeitig helfe es dabei, die Welt um uns herum zu betrachten. Gott bewahre die Menschen nicht einfach vor schmerzhaften und leidvollen Erfahrungen, das sei durch den Leidensweg Jesu klargeworden, aber er helfe dabei, das eigene Kreuz zu tragen. Diese Haltung Gottes ließe sich folgendermaßen zusammenfassen: „Ich bin mit euch in eurer Not, ich will der Anker eurer Hoffnung sein.“ Genau deshalb stelle das Kreuz auch nicht einfach nur ein Marterwerkzeug vergangener Tage dar, sondern das „Pluszeichen christlichen Lebens“.
Das geistliche Testament Jesu am Kreuz seien die Worte an Maria und Johannes: „Frau, siehe deinen Sohn! Siehe deine Mutter!“ Maria habe also unter dem Kreuz stehend eine neue Aufgabe erhalten und sei so zur Mutter der Kirche geworden. Die Gläubigen könnten sich umgekehrt immer wieder neu mit der Figur des heiligen Apostels Johannes identifizieren. Wie Maria und Johannes unter dem Kreuz standen, so stehe auch die ganze Kirche unter dem Kreuz, denn: „Eine Kirche ohne Kreuz gibt es nicht!“ Auseinandersetzungen über deren Kurs müsse es geben, „damit die Kirche nicht stillsteht und ihrem Auftrag immer wieder neu gerecht wird. Sie zeigen vielmehr auf, dass Kirche lebt.“ Gleichzeitig könnten diese Ausrichtungsdebatten aber auch zur Zerreißprobe werden. Bischof Bertram: „Herzliche Liebe füreinander und viel Geduld miteinander sind letztlich die festen Bande, die auch in schweren Zeiten eine Gemeinschaft zusammenschweißen. […] Nicht der Rückzug ins Fromme ist das Gebot der Stunde, sondern eine liebevolle Offensive unter der Führung des Heiligen Geistes.“ Die Kirche hätte der Welt ein Angebot zu machen: „Die Frohe Botschaft, die Sinn stiftet.“ Zum Ende der feierlichen Messe spendete der Bischof den Schlusssegen mit der Kreuzesreliquie und zog unter den Klängen des Steinbacher Wallfahrtsliedes aus der Kirche aus.
Hintergrund:
Maria Steinbach ist eine Pfarr- und Wallfahrtskirche im Landkreis Unterallgäu, südwestlich von Memmingen. Die prachtvolle Rokokokirche wurde 1754 errichtet und ersetzte als neues Gesamtkunstwerk einen Bau aus dem frühen 16. Jahrhundert. Seit 1181 gehörte das Dorf zum Einflussbereich der Prämonstratenserabtei Rot an der Rot. Schon der hl. Ulrich soll den Ort besucht haben. Die Wallfahrt wiederum erblühte erst 1723, als die Kirche eine Kreuzreliquie geschenkt bekam. 1730 setzte dann auch die bis heute anhaltende Wallfahrt zur schmerzhaften Muttergottes ein. Das Bistum blieb angesichts zahlreicher Schilderungen von Wunderheilungen und Erscheinungen zwar skeptisch, erkannte 1733 die Kirche dennoch als Wallfahrtsort an. Seit 1952 obliegt die Seelsorge dem Salvatorianerorden.
Eine Bildergalerie der Kirche findet sich ebenfalls auf unserer Homepage.
