Dem Ernst der Welt das Fest entgegenhalten
In der Mindelheimer Stadtpfarrkirche St. Stephan werden neue Töne angeschlagen: In einer Pontifikalvesper hat Bischof Bertram am Sonntagnachmittag eine neue Chororgel für das Gotteshaus geweiht. Das Instrument soll die „große“ Kirchenorgel in Zukunft klanglich bereichern und unterstützen – und zwar allem dort, wo sich für den Bischof die katholische Frömmigkeit am besten ausdrückt: „Im Festefeiern und im Musizieren“.
Es sei ein besonderes Merkmal des katholischen Glaubens, dass er sich nicht nur im frommen Gebet erschöpfe, sondern auch die Bedeutung des sinnesfreudigen Festes nicht verkenne, betonte Bischof Bertram in seiner Predigt: „Wir Christen von heute werden einmal nicht nur danach gefragt, ob wir das Erbe der Ahnen verantwortungsvoll und korrekt verwaltet haben, sondern vor allem danach, was wir an Glaubensfreude in Farben und Bilder, in Worte und Dichtung, nicht zuletzt in Töne und Klänge umgesetzt haben.“
Diesem Auftrag habe sich die Mindelheimer Pfarrgemeinde gerne gestellt und dafür auch die nicht unerheblichen Kosten in Kauf genommen: Indem sie feiere und Musik mache, halte die christliche Gemeinde „dem Ernst der Welt das Fest entgegen.“ Nach der Orgelweihe gelte es aber auch, sich das Instrument innerlich anzueignen: „Die Orgel wird der wortlose, aber tonreiche Begleiter der freudigen ebenso wie der traurigen Ereignisse sein.“
Abschließend hob der Bischof in seiner Predigt auch die konfessionsverbindende Geschichte der Chororgel hervor, die seit ihrem Baujahr 1956 jahrzehntelang in der evangelischen Gedächtniskirche in Speyer gebraucht wurde, bevor sie schließlich als Gebrauchtinstrument eine neue Heimat in Mindelheim fand. „Musik baut Brücken“, befand Bischof Bertram, und die neue Chororgel in St. Stephan sei ein konkretes Beispiel dafür.
Nach der Vesper mit der Orgeleinweihung führte der Mindelheimer Kirchenmusiker Michael Lachenmayr in einem kleinen Konzert vor, dass auch aus einem kleinen Instrument große Töne entlockt werden können. Mit Werken von Reger, Muffat, Bach und Mendelssohn-Bartholdy wurde darin ein Großteil des Spektrums der Orgelliteratur abgedeckt.
Die neue Chororgel soll in Zukunft die 2015 eingeweihte große Orgel unterstützen. Zudem ist die technische Zusammenführung beider Orgeln geplant, so dass sie von einem Spieltisch gemeinsam bedient werden können. Die Anschaffung des gebraucht gekauften Instruments kostete rund 50.000 Euro.
