Diözesanrat diskutiert über Mitgliederstudie
Die christlichen Kirchen sind nach wie vor ein "höchst relevanter Knotenpunkt" zur Stärkung der Zivilgesellschaft. Dies ist eines der Ergebnisse der 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, die am ersten Tag der Herbstvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken den Delegierten vorgestellt wurde. Allerdings: Auch wenn 48 Prozent der in dieser Studie Befragten Mitglieder der römisch-katholischen oder evangelisch-lutherischen Kirche sind, verzeichnet die Studie eine zunehmende Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber religiösen Themen.
"Nähe oder Distanz - wie Menschen heute zur Kirche stehen", zu diesem Thema sind die Mitglieder des Diözesanrats an diesem Wochenende zu ihrer Vollversammlung zusammengekommen. Die Diözesanratsvorsitzende Hildegard Schütz brachte gleich zu Beginn der Versammlung die Ambivalenz der sogenannten KMU-Studie, deren Befragungen bereits vor zwei Jahren durchgeführt worden waren, auf den Punkt: "Es gibt einen Rückgang von Religiosität und Kirchlichkeit, auch einen großen Vertrauensverlust in die katholische Kirche - aber die Erwartungen an die Kirche sind immer noch hoch."
Dr. Tobias Kläden, stellvertretender Leiter der Katholischen Arbeitsstelle für Missionarische Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz und koordinierender Mitarbeiter der Studie, die die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland erstmals gemeinsam durchgeführt hatten, stellte - via Videokonferenz aus Würzburg zugeschaltet - die wesentlichen Ergebnisse vor. Danach bestritt zwar nur ein Drittel der Befragten die Existenz einer höheren Macht und 48 Prozent sagten, dass sie an ein höheres Wesen oder eine geistige Macht glaubten (29%) - oder sogar an einen Gott, der sich in Jesus Christus zu erkennen gegeben habe (19%).
Konfessionelle Profile allerdings verschwinden laut dieser Studie, die grundsätzlich einen deutlichen Rückgang des religiösen Glaubens, der religiösen Praxis, des religiösen Erfahrens und der religiösen Kommunikation konstatiert: "Säkulare sind aus verschiedenen Gründen eine wichtige Zielgruppe. Sie sind inzwischen gesellschaftlich majoritär. Auch unter den Kirchenmitgliedern ist ihr Anteil nicht unerheblich, und sie zu ignorieren, käme einer Selbstmarginalisierung gleich. Säkulare sind mit einer religiösen Sprache schwer erreichbar. Die Kirche muss daher ihre Anstrengungen verstärken, ihre Botschaft in einer Sprache zu formulieren, die anschlussfähig ist. Die Hinwendung zu Menschen, die der gegenwärtigen Kultur der kirchlichen Organisation bestenfalls lose verbunden sind, muss jedoch gleichzeitig die nach wir vor relevante Gruppe der traditionell Verbundenen im Auge behalten. Kirchliches Handeln ist insofern Herausforderungen ausgesetzt, die miteinander in Spannung stehen."
Eine angeregte Diskussion schloss sich an. Ist es zu eng gefasst, nur die Krise der Kirche in Deutschland zu betrachten, wenn die Katholikenzahl weltweit derzeit stark steigt? Wie sind die Unterschiede zwischen Ost und West, zwischen Alten und Jungen? Wie wird eine solche Studie aussehen, wenn man sie in zehn Jahren wiederholt? Bei allen problematischen Tendenzen schimmerte in der Debatte stets auch vorsichtiger Optimismus durch.
Zum Abschluss des ersten Tages gab der Bischöfliche Beauftragte für den Diözesanrat, Generalvikar Msgr. Dr. Wolfgang Hacker, seinen Bericht ab. Zunächst nahm er auf die vorangegangene Diskussion Bezug: "Religiosität, Spiritualität, der Gottesglaube schwindet - das ist ein Faktum. Aber ich gehe den Schritt nicht mit, dass Glaube ein kulturelles Phänomen ist, das kommt und geht. Dem Menschen wohnt eine Wesenseigenschaft inne, nämlich, dass er sich nicht in der eigenen Welt, in der eigenen Endlichkeit gefangennehmen lässt. Er hat die Entgrenzung in sich: Gott ruft, und jeder Mensch hat das Potenzial, zum Hörer zu werden - gläubig zu werden."
Der demographische Faktor spiele natürlich auch bei den Personalplanungen im Bischöflichen Ordinariat eine Rolle: „Die stärkeren Weihejahrgänge werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen.“ Immerhin, so der Generalvikar, steige die Zahl der Priesteramtskandidaten wieder, erst jetzt im Herbst seien wieder sechs junge Männer ins Priesterseminar eingetreten.
Generalvikar Msgr. Dr. Hacker gab auch einen Überblick über den Stand der pastoralen Mitarbeitenden: 49 hauptberufliche Diakone und 68 Diakone mit Zivilberufen, 161 Pastoralreferentinnen und -referenten, 193 Gemeindereferentinnen und -referenten sowie 48 Pfarrreferenten und -referentinnen sind im aktiven Dienst tätig. Neue Mitarbeitende in diesem Bereich zu bekommen sei aber schwierig. Der Generalvikar: „In diesem Jahr hatten wir hier 72 Ausschreibungen – und zwei Bewerbungen.“ Generell sei das Bistum aber immer noch ein Arbeitgeber, bei dem viele Bewerbungen eingingen.
Msgr. Dr. Hacker erinnerte an die vielen positiven Anknüpfungspunkte für die Menschen im Bistum: 46 Schulen, mehr als 400 Kindertagesstätten. „Da leisten wir einen hochgradigen Beitrag für unsere Gesellschaft, und darauf sind wir schon stolz.“
Am Samstag setzt der Diözesanrat die Vollversammlung mit weiteren Impulsen zum Thema "Nähe und Distanz" fort.