„Europa eine Seele geben“
Das Bistum Augsburg ist um einen Pilgerweg reicher: Am vergangenen Samstag hat Bischof Bertram gemeinsam mit Weihbischof Matthäus Karrer aus der Nachbardiözese Rottenburg-Stuttgart in Kaufbeuren die „Via Sancti Martini“ für das Bistum Augsburg eröffnet. Der paneuropäische Wander- und Pilgerweg soll Szombathely, den Geburtsort des Heiligen im heutigen Ungarn, mit dessen langjähriger Wirkungsstätte Tours in Frankreich verbinden.
„Der heilige Martin ist ein europäischer Heiliger“, betonte Bischof Bertram anlässlich der Eröffnungsfeier. Der spätantike Bischof sei nicht nur als „Pionier des Teilens“, sondern auch als Brückenbauer in die Geschichte gegangen, der sowohl zwischen Menschen vermittelt als auch in seiner eigenen Biographie den Weg vom Soldaten zum Geistlichen gegangen sei. Im Zeitalter des Krieges und sich zuspitzender Nationalismen in Europa sei dieses Erbe des heiligen Martin aktueller denn je: „Der Glaube an Jesus Christus kennt keine nationalen Grenzen. Er sprengt alle Mauern.“
Der aus der Nachbardiözese Rottenburg-Stuttgart angereiste Weihbischof Matthäus Karrer betonte in seiner Predigt in der Kaufbeurer Stadtpfarrkirche St. Martin ebenfalls die vielseitige Wirkungsgeschichte des Heiligen, der die Menschen bis heute fasziniere und herausfordere. So sei er nicht nur ein „Symbol der Nächstenliebe“ gewesen, sondern auch der „erste Kriegsdienstverweigerer“, zudem ein tief mit dem Gebet und der eigenen Spiritualität verbundener Einsiedler und Mönch. Vor diesem Hintergrund sei auch die Idee des Martinus-Pilgerweges entstanden, die zuerst im dem hl. Martin geweihten Bistum Rottenburg-Stuttgart entstanden sei, um die viele sich dort befindlichen Martinskirchen und -kapellen miteinander zu verbinden.
Bald schon sei das Projekt aber weiter angewachsen: Zunächst wurden „Orte des Teilens“ darin eingegliedert, um den sozialen Charakter des hl. Martin zu unterstreichen, und im Laufe der Jahre sei das Projekt zu einer europäischen und länderübergreifenden Dimension angewachsen. „Europa eine Seele geben“ sei das Ziel des Weges, dessen verbindendes Element gerade in der heutigen Kriegs- und Krisenzeit mehr im Vordergrund stehen müsse. Für die Eröffnung des Teilabschnitts im Bistum Augsburg gebe es aber keinen besseren Ort als Kaufbeuren, so Weihbischof Karrer: Nicht nur unterhalte die Stadt mit ihrer Martinspfarrei schon seit langem eine Städtepartnerschaft mit dem Geburtsort des hl. Martin Szombathely in Ungarn, sondern es gebe hier auch ein dichtes Netz an sozialen Einrichtungen vor Ort.
Mit dem SKM Kaufbeuren waren die beiden Bischöfe bereits vor dem Gottesdienst bei einer dieser Einrichtungen zu Gast. Die Geschäftsführerin Gabriele Boscariol betonte dabei die wichtige Rolle der SKM-Wärmestube als „Wohnzimmer“ oder sogar „Familienersatz“ für viele Menschen. Die Martinstradition werde dabei auch bewusst gepflegt, etwa wenn jedes Jahr an Martini Kindergartenkinder auis Kaufbeuren in der Wärmestube vorbeikämen und die Menschen dort beschenkten: „Wir teilen das, was wir haben und was wir an die Menschen, die da kommen, weitergeben können.“
Am Ende des Festgottesdienstes überreichte Weihbischof Karrer schließlich einen eigens angefertigen Pilgerstab an Bischof Bertram. Er solle eine weitere Brücke schlagen, nämlich zwischen den beiden Bistumspatronen Martin und Ulrich, sei doch auch letzterer dafür bekannt gewesen, sein gesamtes Bistum immer wieder bewandert und bereist zu haben. Bischof Bertram freute sich über als „Zeichen meines eigenen Weges“ und versprach, gerne mit dem Pilgerstab im Bistum Augsburg unterwegs zu sein, sei es als Wanderer auf dem Martinsweg oder als Bischof in den Gemeinden seiner Diözese.
Die Via Sancti Martini wurde 2011 in der Diözese Rottenburg-Stuttgart angelegt und hat sich mittlerweile zu einer der längsten zusammenhängenden Wanderwegstrecken Europas entwickelt. In bislang zwei Routen kann dabei der Weg von Szombathely in Ungarn nach Tours in Frankreich abgegangen werden. Das Bistum Augsburg wird dabei von der nördlichen der beiden Routen durchschritten, die von Freising her kommend ab Augsburg den Lech flussaufwärts bis Landsberg begleitet und über Kaufbeuren, Marktoberdorf und Memmingen das Bistumsgebiet wieder verlässt.
Mehr Informationen über die Via Sancti Martini finden Sie auf dieser Seite.