"Kein Machtanspruch, sondern Dienstangebot"
Bischof Bertram hat sich eindeutig gegenüber Meinungen positioniert, die die Notwendigkeit eines sakramental verorteten Priestertums in der katholischen Kirche in Zweifel ziehen. Beim Gottesdienst um geistliche Berufe, der im Rahmen der Ulrichswoche in der Augsburger Grabeskirche der Bistumspatrone stattfand, betonte der Bischof: „Wenn wir uns als Volk Gottes im Sinne eines Zeichens und Werkzeugs des Heils, als Sakrament, verstehen wollen, brauchen wir ein sakramental verortetes Weiheamt."
"Wenn wir daher die sakramentale Weihe zur Disposition stellen, riskieren wir, die Katholizität als Ganze aufs Spiel zu setzen", so der Bischof weiter in seiner Predigt. "Dann geht es nicht mehr um eine geistlich erneuerte Kirche, sondern um eine ganz andere neue Kirche, die sich fragen lassen muss: Kirche, willst Du noch katholisch sein? Für mich steht fest: Eine priesterlose Kirche ist nicht mehr katholisch."
Nicht nur einzelne Riten seien Sakramente, sondern das Wesen der Kirche selbst sei sakramental, unterstrich der Bischof. Das bedeute aber nicht, dass alles, was Kleriker tun und lassen, sakramentale Qualität hätte: "Wer so denkt, überhöht den Klerus und verharmlost Sünde und Schuld. Wir können noch so hoch geweiht sein, wir bleiben Menschen. Die Weihe heißt oft Ordination, hier wird exakt die Richtung angezeigt, um die es geht: weniger eine Weihe nach oben, sondern eine Karriere nach unten. Ordination ist eigentlich Subordination, Unterordnung unter Christus im Dienst am Volk." Das sei kein Machtanspruch, sondern ein Dienstangebot.
Wenn heute im Kontext des Missbrauchs von "Schweige- und Vertuschungskartellen" des Klerus gesprochen werde, so wünsche sich Bischof Bertram mehr Differenzierung. Mit solchen Urteilen würden geweihte Personen schnell holzschnittartig in eine Schublade gesteckt, die vielen geweihten Personen nicht gerecht werde. Außerdem sollten wir in unseren Bewertungen nicht in Anachronismen verfallen.
Daher ermutigte der Bischof weiterhin zum Gebet um glaubwürdige Menschen, die sich von Gott in einen besonderen Dienst der Kirche rufen lassen: "Wie der Klerus die Wirbelsäule der Kirche ist, so sehe ich in den Frauen und Männern des gottgeweihten Lebens, besonders den Ordenschristinnen und -christen, das Herz der Kirche. Ohne Herz und Rückgrat hat die Kirche weder Leben noch Halt."