„Keine geballten Fäuste, sondern gefaltete Hände“
Augsburg (pba). Immer am zweiten Donnerstag nach Pfingsten feiert die Katholische Kirche Fronleichnam als das Hochfest des Leibes und Blutes Christi und damit die bleibende Gegenwart Christi im Altarsakrament. Traditionell finden an diesem Tag auch feierliche Prozessionen statt. In Augsburg waren die hierfür nötigen Aufbauarbeiten aufgrund des Regens in diesem Jahr allerdings nicht möglich. Bischof Dr. Bertram Meier, der dem Gottesdienst im fast vollbesetzen Dom vorstand, bezeichnete den Tag dennoch als Demonstration und Provokation gegenüber „Gleichgültigkeit und Unwissenheit“.
Gleich zu Beginn rief der Bischof den anwesenden Polizisten, die eigentlich die Prozession hätten absichern sollen, zu: „Nächstes Jahr können Sie wieder auf uns zählen!“ In seiner Predigt (zum Video) während des Pontifikalamtes, bei dem auch zahlreiche Ordenschristen, Ritter und Studentenverbindungen anwesend waren, beschrieb er das Fest als eine Demonstration der anderen Art: „Bei den üblich gewordenen Demonstrationen – Augsburg hat heuer schon einen Rekord aufgestellt! – zeigt man sich auf der Straße, um etwas zu fordern. Wir tun etwas Anderes. Unsere Demonstration setzt nicht auf geballte Fäuste, sondern auf gefaltete Hände.“ Dabei erinnerte er auch daran, dass das Wort „demonstrieren“ richtig aus dem Lateinischen übersetzt eigentlich „vorzeigen“ bedeute.
„Wir demonstrieren Jesus der Welt, ihn zeigen wir vor“, so der Bischof. Dabei würden Katholiken allerdings nichts fordern, sondern vielmehr der Welt ein Angebot machen. Das Angebot Gottes laute: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.“ (Joh 6,51) Damit übersteige es die „Grenzen von Raum und Zeit“.
Die Fronleichnamsprozession werde allerdings oft auch als Provokation wahrgenommen. Auch hier verwies der Bischof auf die eigentliche Wortbedeutung von provocare – herausrufen: „Wenn wir nachher auf die Straße gehen, wollen wir die Menschen provozieren, sie herauslocken aus ihrer Reserve, aus ihrer Gleichgültigkeit und Unwissenheit; ja, vielleicht erwächst daraus sogar eine neue Nachdenklichkeit darüber, was wir denn da tun als katholische Christinnen und Christen.“ Sein Traum sei es, dass solch eine provokative Prozession sogar zu einer Einladung werden könne.
Am Ende erinnerte er an eine Rede des heiligen Papstes Johannes Paul II., in der dieser dazu aufgerufen hatte, Christus nirgendwo auf der Welt auszuklammern. „Wir dürfen Jesus nicht ausklammern. Binden wir ihn ein in unser Leben! Binden wir ihn ein in unsere Stadt! Werden wir selbst zu Monstranzen für den Herrenleib. Tragen wir ihn in unseren Alltag!“, so der Appell des Bischofs.
Das Fronleichnamsfest in Kürze:
- der Begriff „Fronleichnam“ leitet sich vom mittelhochdeutschen vrône lîcham (des Herren Leib) ab
- offizieller Name: Hochfest des Leibes und Blutes Christi
- erstmalige Feier 1209 in Lüttich
- 1286 erste bayerische Fronleichnamsprozession in Benediktbeuern
- festliche Ausgestaltung v.a. im 15. und 16. Jahrhundert
- in Augsburg beginnt der Tag üblicherweise mit dem Pontifikalamt im Dom, dem sich eine Prozession mit vier Stationen durch die Innenstadt anschließt; der Abschluss ist wieder auf dem Domplatz
Zum Schluss des Gottesdienstes, an dem sich Gläubige verschiedenster Nationalitäten und muttersprachlicher Gemeinden als Lektoren beteiligten, war die Gemeinde zur Eucharistischen Anbetung eingeladen. Diese schloss mit dem feierlichen sakramentalen Segen, den der Bischof zunächst vom Domplatz aus in alle vier Himmelsrichtungen der Stadt, anschließend im Dom der anwesenden Gemeinde spendete. Mit dem festlichen „Te deum“ endete die Feier. Die musikalische Gestaltung hatten der Kammerchor und der Karl-Kraft-Chor der Augsburger Domsingknaben und das Bläserensemble der Dommusik übernommen. Zur Aufführung kamen die Missa de Angelis sowie Chorsätze zu den klassischen Sakramentsliedern von Karl Erhard, Wolfram Menschick und Arthur Piechler.