Nachruf der Diözesanratsvorsitzenden Hildegard Schütz zum Tod von Herrn Widmann
Hochwürdigster H. Weihbischof Florian Wörner, lieber Herr Pfarrer Hänsler, lieber Herr Pfarrer Sigalla,
liebe Frau Widmann, lieber Benedikt,
liebe Trauergemeinde,
mitten aus dem Leben herausgerissen, mitten aus der Familie, mitten aus dem Berufsleben –
Als Michael Widmann sein Büro im Haus St. Ulrich am 5. November verlassen hat, hat er bestimmt nicht daran gedacht, dass er niemals an den Ort, an dem er seit 2012 wirkte, zurückkehren wird.
Und dennoch hat Michael Widmann bestimmt nicht in den Tag hinein gelebt.
Gerade die Adventszeit bestand für ihn nicht nur aus hektischen Wochen vor Weihnachten. Advent war für ihn eine Lebenshaltung. Advent heißt Ankunft. In diesen Tagen geht die Adventszeit zu Ende. Am Abend des 16. Dezembers ist die Adventszeit des Lebens von Michael Widmann zu Ende gegangen.
Obwohl Michael Widmann mitten im Leben von seiner schweren Krankheit getroffen wurde, kommt mir das Bild des Simeon in den Sinn, der Vorbild eines adventlichen Menschen ist. Sein Leben lang wartet er auf die Begegnung mit dem Messias. Er wartet nicht hoffnungslos. Er wartet mit dem sicheren Wissen, dass sein Warten erfüllt wird.
Letztendlich ist das ganze Leben eine Adventszeit, eine Zeit des Wartens auf die Ankunft des Erlösers, auf die Erlösung.
Michael Widmann lebte zutiefst reflektiert, tief verwurzelt in seinem festen Glauben, getragen von seinem Glauben an die Erlösung durch unseren Herrn Jesus Christus.
Als Referent beim Diözesanrat legte er das ganz praktisch durch die Entwicklung unzähliger, tiefgehender geistlicher Impulse, durch die Vorbereitung der Gottesdienste bei den Vollversammlungen, in vielen persönlichen Gesprächen und letztendlich durch sein ganzes Leben an den Tag.
Mit Michael Widmann verliert der Diözesanrat seinen Referenten, der einen klaren theologischen Standpunkt hatte, der gerade deshalb eine große Weite im Denken zulassen konnte. Er hat seinen Standpunkt dargelegt, aber nie einem anderen seine Meinung aufgezwungen. Das galt sowohl für seine religiöse Haltung als auch für seine politische Überzeugung.
Als Referent hatte er stets die ganze Vielfalt der Themen im Blick von der Politik bis zur Ökumene, vom Lebensschutz bis zur Religionsfreiheit.
Intensiv beschäftigte sich Michael Widmann mit politischen Fragestellungen. So entwickelte er vor der Bundestags- bzw. vor der Europawahl so gekonnt Fragen, dass sich die antwortenden Politiker nicht in leere Worthülsen flüchten konnten.
Am Herzen lagen ihm die Themen Europa, Ökumene aber auch Bildung und Arbeitswelt. Sein gewaltiges Wissen und seine breiten Interessen waren die Grundlage seines erfolgreichen Arbeitens. Michael Widmann erschien mir oft wie ein Universalgelehrter ohne mit seinem Wissen zu prahlen.
Seine absolute Stärke lag im Wort, sowohl im geschriebenen als auch im gesprochenen. Mit großer Gelassenheit, ja fast bedächtig, aber mit Scharfsinn im Denken moderierte er Podiumsdiskussionen jeder Art. Grundlage seiner Souveränität waren sein unendlicher Fleiß und seine akribische Vorbereitung.
Er war ein Meister der Sprache.
Seine schriftstellerische Begabung, gestützt durch ein Redaktionsvolontariat bei der Sonntagszeitung und seine Tätigkeit als Lektor beim St. Ulrichs Verlag, war phänomenal.
Mit großer Kunstfertigkeit und Sachverstand formulierte er griffige Presseerklärungen und verfasste sämtliche Berichte über die Vollversammlungen oder Fachtagungen des Diözesanrates.
Metaphorisch gesprochen seine „Kinder“ sind der Newsletter, der seit 2013 10 mal pro Jahr erschien und dabei jeweils sehr differenziert eine sehr breite Themenpalette abdeckte, und seit 2015 der Jahresrückblick „Der Diözesanrat“ mit verschiedenen Sonderausgaben, der die Arbeit des Diözesanrates im jeweils vergangenen Jahr oder besondere Themen beleuchtete.
Den Jahresrückblick 2021 hatte Herr Widmann noch genauestens vorbereitet, konnte ihn aber leider selber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr zu Ende bringen.
Hier zeigten sich all seine Kreativität, seine Ideen, sein Gespür für das Wesentliche, hier erwies er sich als Meister des Wortes.
Persönlich erlebte ich Michael Widmann als stets offenen und trotzdem im besten Sinne wertkonservativen, charmanten, freundlichen, humorvollen, geradlinigen, toleranten, kommunikativen., allseits interessierten, warmherzigen und sensiblen Menschen.
Auf seinen äußerst kompetenten und ehrlichen Rat konnte ich mich blind verlassen.
Das alles zeugt von einer wahrhaft großen Persönlichkeit.
Dafür, lieber Herr Widmann danke ich Ihnen von Herzen.
Gehen wir in Gedanken noch einmal zu Simeon in den Tempel in Jerusalem zurück: Als Simeon das Jesuskind erblickt, gehen ihm die Augen seines Herzens auf: Nun lässt du Herr deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet und Herrlichkeit für dein Volk Israel.
Diese Worte erklingen bis heute jeden Abend rund um den Erdkreis.
Im Komplet leiht sich die Kirche das Lied des Simeon.
Sie waren bestimmt auch Michael Widmann vertraut. Ich möchte sie heute in seinen Mund legen: Nun lässt du Herr deinen Knecht in Frieden scheiden, denn meine Augen haben das Heil gesehen, den Messias, den Erlöser.
Liebe Familie Widmann, möge es Ihnen ein Trost sein, dass Ihr Mann, Ihr Vater hinter das Leid der letzten Wochen sehen konnte, dass er jetzt wie Simeon, sein Heil, seine Erlösung erfahren hat.
Lieber Herr Widmann, mögen Sie in Frieden ruhen!