"Nicht deponiert, sondern exponiert“
Augsburg (pba). Aus eins mach zwei: Ganz im Geiste ihres Kirchenpatrons hat die Gemeinde St. Martin in Lagerlechfeld ihr bisheriges Gotteshaus den veränderten Umständen angepasst und gemeinsam mit der Diözese eine Zweiteilung des Gebäudes vorgenommen. Bischof Bertram hat am Sonntag in einem feierlichen Ritus den Kirchenraum im neu entstandenen ersten Stock geweiht.
Die Lechfeldgemeinde habe im Vertrauen auf Christus als „lebendigen Stein“ den Mut besessen, neue Wege zu gehen und der Notwendigkeit zu Veränderungen mit einer „zukunftsfähigen Lösung“ zu begegnen, betonte der Bischof in seiner Predigt: „Die Entscheidung hat große Signalwirkung: Die Kirche bleibt vor Ort, nah bei den Menschen!“ Die Martinskirche sei identitätsstiftendes Element für die Gemeinschaft vor Ort: „Die Kirche ist nicht nur in der Mitte, sie schafft eine Mitte!“
Das „Zelt Gottes“, wie die Kirche bisweilen auch genannt wurde, nütze aber wiederum auch in seiner neu entstandenen Form nichts, wenn es nicht zur echten geistigen Heimat für die Gläubigen vor Ort werde oder auch für diejenigen Menschen, die auf dem Martinusweg die Gemeinde besuchten: „Daher meine Bitte an Sie: Suchen Sie diesen Raum regelmäßig zum Gottesdienst und zum Gebet auf! Mit Eintritt in den Kirchenraum sind Sie „dem Himmel“ ein Stück näher. Die Kirche ist ein „heiliger Ort“, wo Sie Ihren Glauben miteinander feiern und teilen, besonders im Hören auf das Wort und im Brechen des Brotes in der Eucharistie. Kurzum: ein „Begegnungsort“ mit Gott.“
So wie im Ritus der Altarweihe an fünf Stellen Weihrauch entzündet werde, sollten die Menschen in Lagerlechfeld auch zu „burning persons“ werden und mit Feuer und Flamme für die christliche Botschaft einstehen, eingebettet in eine reiche Tradition und das weite Netz der Weltkirche. Dies werde in besonderem Maße durch die Reliquien symbolisiert, die ihre neue Ruhestätte im neuen Altar von St. Martin fänden: Zum einen des Kirchenpatrons Martin von Tours sowie des heiligen Papstes Clemens von Rom, die bereits in der Antike das Evangelium verkündet hätten, zum anderen aber auch des ugandischen Märtyrers Karl Lwanga und des 2006 im Alter von 15 Jahren verstorbenen Carlo Acutis als „Influencer für Jesus“. „Durch die Einbettung in die Gemeinschaft der Heiligen wird deutlich: Sie machen keine schwäbische Kirchturmpolitik, sie wollen auf dem Lechfeld katholisch sein“, betonte Bischof Bertram abschließend in seiner Predigt.
Vor zwei Jahren habe er Alt-St. Martin profaniert, nun könne er Neu-St. Martin feierlich neu einweihen: „Ein Dank allen, die sich mit Engagement in dieses Projekt eingebracht haben! Das ist Kirche, wie ich sie mir wünsche: nicht reaktionär, nicht revolutionär, sondern innovativ und kreativ!“ Der Glaube auf dem Lechfeld werde hier nicht deponiert, sondern im Gegenteil exponiert und kraftvoll nach außen ausgestrahlt: „Immanuel, Gott mit uns!“
In dem live auf K-TV übertragenen Gottesdienst vollzog Bischof Bertram den feierlichen Ritus der Kirchweihe und segnete auch das Kunstdepot sowie den neu entstandenen Pfarrsaal, die sich künftig das Gebäude der ehemaligen Kirche teilen werden. Die Gemeinde versammelte sich zunächst im Kunstdepot, wo der Ortspfarrer den Bischof um die Weihe der Kirche bat. Anschließend zog die ganze Gemeinde zum Kirchenportal, an das der Bischof gemäß dem traditionsreichen Ritual dreimal mit seinem Hirtenstab anklopfte und danach auf den Boden des Eingangsbereiches ein Kreuz zeichnete verbunden mit der Bitte, dass alle, die über diese Türschwelle schreiten werden, Heil und Segen erfahren mögen. Im Gottesdienst segnete er zunächst den Taufbrunnen und den Ambo, bevor er die Reliquien im Altar „bestattete“, wie es in der Sprache der Kirche genannt wird.
Nachdem Bischof Bertram den Altar gesalbt hatte, verteilte er, begleitet von dem aus der Pfarreiengemeinschaft Lechfeld stammenden Domkapitular Dr. Andreas Magg, das Chrisamöl an zwölf im Kirchenraum verteilte Kreuzsteine und salbte damit die gesamte Kirche. An denselben Stellen wurden auch durch zwölf Gemeindemitglieder zwölf Apostelleuchter entzündet als Zeichen dafür, dass die Kirche auf den Fundament der Apostel erbaut ist. Im Anschluss wurde der Altar für die erste Eucharistie auf ihm vorbereitet. Der Bischof lenkte die Aufmerksamkeit dabei besonders auf ein Nagelkreuz, das von der evangelischen Ortsgemeinde gestiftet wurde und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Fliegerhorst Lechfeld als Zeichen für den Frieden dienen solle. Mit der Segnung des Tabernakels, des Pfarrsaals sowie des Kunstdepots endete nach über zweieinhalb Stunden ein langes Fest, der aber selbst den Kleinsten nicht langweilig wurde, denn wie sich der Bischof abschließend von einem Kind versichern ließ: „Es war sehr schön!“
Die Gemeinde St. Martin in Lagerlechfeld gehört gemeinsam mit den Pfarreien Graben, Klosterlechfeld sowie Ober- und Untermeitingen zur Pfarreiengemeinschaft Lechfeld. Die Kirche wurde 1965-67 als Kooperationsprojekt zwischen der Diözese Augsburg und dem Militärbischofsamt gebaut und diente neben der örtlichen Bevölkerung auch den in Lagerlechfeld stationierten Soldaten als Gotteshaus. Sie verfügte über rund 360 Sitzplätze. Im neu entstandenen Gottesdienstraum können bis zu 150 Personen miteinander feiern. Der Umbau wurde seit Frühjahr 2021 unter Federführung des Architekturbüros Stadtmüller.Burkhardt.Graf durchgeführt; in der Zwischenzeit fanden die Gottesdienste der Martinsgemeinde im benachbarten Klosterlechfeld statt.


