Den Himmel offenhalten
Lieber Herr Pfarrer Sojesh, liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Dienst, liebe Verehrerinnen und Verehrer des heiligen Bischofs Nikolaus! Ich sehe es Ihren Gesichtern an: Sie sind stolz und froh über diese Kapelle, die Sie nach der Idee von Herrn Franz Horn und mit der tatkräftigen und finanziellen Unterstützung so vieler Menschen fertiggestellt haben!
Sie ist einem Heiligen der frühen Christenheit geweiht, von dem uns neben einigen wenigen Lebensdaten vor allem Wundererzählungen überliefert sind. Nikolaus war aber wohl auch einer der Konzilsväter von Nicäa, jenem wichtigen ökumenischen Konzil vor 1.700 Jahren, dessen heuer alle christlichen Konfessionen auf der ganzen Welt gedenken. Denn 325 wurde das Glaubensbekenntnis in der Form, wie wir es bis heute beten, grundgelegt. Wir verdanken also diesen Vorfahren unseren Glauben und dies allein ist ein Grund zu großer, großer Dankbarkeit!
Hand aufs Herz: Wenn Jesus heute an uns die Frage stellen würde, die er soeben im Evangelium seinen unmittelbaren Jüngern stellte: „Für wen haltet ihr mich?“ – Was würden wir antworten?
Könnten wir uns aus ganzem Herzen dem Bekenntnis des Petrus anschließen: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (Mt 16,15f.)?
Wir wissen ja alle: Es wäre zu billig, nur ein Lippenbekenntnis zu Christus abzulegen oder das Glaubensbekenntnis im Gottesdienst gedankenlos mitzusprechen: in unserem Leben, im ganz normalen und oft nervigen Alltag muss es für alle, die mit uns leben, spürbar und erfahrbar sein, dass wir Jüngerin und Jünger Jesu, Christ und Katholikin sind!
Der heutige Festgottesdienst mit Altar- und Ambobenediktion sowie der Glockenweihe soll uns Ermutigung und Anlass sein, uns die Frage Jesu ins Herz fallen zu lassen: Gott sei Dank leben wir in einem Land, in dem die Religionsfreiheit verfassungsmäßig garantiert ist. Dennoch weht allen, die sich zu Jesus und seiner Kirche bekennen, manchmal ein recht unfreundlicher Wind entgegen: Lassen wir uns davon nicht entmutigen, schauen wir auf Christus am Kreuz und seine Mutter und bitten den heiligen Nikolaus inständig um seine Unterstützung!
Die Heiligen sind ja nicht tot – dies zeigen Sie jedes Jahr aufs Neue durch Ihre Auftritte als Nikolaus in den Familien, Kindergärten und Schulen. Dafür möchte ich Ihnen und allen Mitgliedern des Vereins herzlich von dieser Stelle aus danken – möge der Segen dieses Gottesdienstes Ihnen allen, den Anwesenden und denen, die Ihnen in ganz Europa geistig verbunden sind, zugutekommen!
Seit dem 9. Mai kommen viele Wanderer und Neugierige, aber bestimmt auch Menschen, die einen spirituellen Ort zum Beten suchen, hierher. Mit der Segnung von Ambo und Altar – dem Tisch des Wortes und dem Tisch des Sakramentes – und der Glockenweihe, die wir heute vornehmen, wird dieses Kapellchen wirklich zu einer „Porta Coeli“ – einem Tor zum Himmel, der hier oben am Weg zum Hauchenberg beinahe zum Greifen nah ist.
Ihnen allen vertraue ich diesen Ort an: Hegen und pflegen Sie ihn nicht nur als Gebäude, sondern auch von seinem Ursprung im Evangelium her, das ja der tiefste Motivationsgrund für den Bau war! Wenn ich dazu eine kleine Anregung geben darf, die mit der bekanntesten Nikolauslegende zusammenhängt:
Als er noch gar nicht Bischof war, hörte Nikolaus von der extremen materiellen Not einer Familie, die drei Töchter hatte. Dem Vater fiel zur Behebung des Unglücks nichts Besseres ein als die Überlegung, sein eigen Fleisch und Blut zu verkaufen und die Töchter also Menschenhändlern zu überantworten.
Bis heute ist dies unter den extrem armen Familien in vielen Teilen der Welt grausame Realität: Kinder werden zwangsverheiratet oder an Zuhälter verkauft, um den Eltern wieder eine kleine Verschnaufpause zum Leben zu ermöglichen.[1] – Vielleicht können auch Sie im Sinne des heiligen Bischofs Nikolaus, der großmütig die drei jungen Frauen vor dem furchtbaren Schicksal der Versklavung rettete, eine Stiftung gründen oder eine Zustiftung machen, die sich der Aufgabe verschreibt, Kindern, Mädchen wie Jungen, in den ärmsten Ländern der Welt ein menschenwürdiges Aufwachsen zu ermöglichen. Dann werden wir, wie wir im 1. Petrusbrief gehört haben, wirklich zu „lebendigen Steinen“ und Gottes „besonderes Eigentum“ werden und „die großen Taten dessen (verkünden), der (uns alle) aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.“ (1 Petr 2,5.9).
[1] Vgl. zum Beispiel Unsere Projektarbeit in Indien | Aktionsgruppe „Kinder in Not“ e.V.
Lesungstexte: 1 Petr 2,4-9; Mt 16,13-19