Der Diakon als Diener des Wortes
Liebe Diaconandi, liebe Brüder im geistlichen Dienst, liebe Angehörige und Freunde, liebe Schwestern und Brüder im Herrn! Wir feiern eine große Stunde. Durch Handauflegung und Gebet wird der Herr selbst den Kandidaten den Heiligen Geist verleihen und sie zu Diakonen weihen. Herzlich gratuliere ich den Diaconandi ganz persönlich, aber auch der ganzen Gemeinschaft des Priesterseminars Sankt Petrus mit Regens Vincent Ribeton an der Spitze. Ein besonderer Gruß geht an den Distriktoberen P. Stefan Dreher, der schon vom Dialekt her ein waschechter Allgäuer ist. Ich freue mich auch, dass der Pfarrer von Lindenberg uns die Tore seines imposanten Gotteshauses St. Peter und Paul geöffnet hat: Ihnen, liebe Weihekandidaten, zehn an der Zahl, und auch mir, dem Bischof von Augsburg, der ich die Weihe spenden darf. Wenn ich (noch) nicht ganz sicher bin in der Feier nach dem Pontificale Romanum von 1961/62, bitte ich meine Schwäche zu entschuldigen. Uns alle verbindet das große Anliegen, das den hl. Ignatius von Loyola erfüllte: Omnia ad maiorem Dei gloriam. Alles zur größeren Ehre Gottes.
Dass heute der Ortsbischof von Augsburg die Diakonenweihe spendet, ist auch ein Zeichen unserer inneren Communio, die uns affektiv und effektiv verbindet: untereinander und mit dem Nachfolger Petri Papst Franziskus. Gleich nach seiner Wahl hat das Generalhaus der Priesterbruderschaft Sankt Petrus am 14. März 2013 Papst Franziskus gratuliert: „Die Gemeinschaft versichert Franziskus ihres beständigen Gebets für das wichtige Amt, das nunmehr das seinige ist. Seit ihrer Gründung verbindet die Priesterbruderschaft ein besonderes Band mit dem Heiligen Vater, dem Nachfolger des hl. Apostelfürsten Petrus: ‚Er ist wirklich der Stellvertreter Christi, das Haupt der ganzen Kirche, der Vater und Lehrer aller Christen‘ (I. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Pastor Aeternus)“.[1] Ein solcher Glückwunsch an den Papst in so herzlichen Worten stimmt mich froh.
Auf diesem Fundament können wir weiterbauen. Ich danke dem Herrn für das harmonische Miteinander in Wigratzbad und auch an den Orten im Bistum Augsburg, wo Mitglieder Ihrer Priesterbruderschaft segensreich wirken. Das Band unserer Einheit ist Jesus Christus, der uns in seinen Dienst gerufen hat. Daher ist heute eine Gelegenheit der Freude und der Hoffnung für Ihre Gemeinschaft, für Ihre Heimatländer, für unsere Diözese und für die ganze Kirche. Von diesem Weihealtar aus soll eine Botschaft ausgehen: Diese Feier ist ein Zeugnis für die Einheit und die Katholizität, für die Petrus in der Gestalt seiner Nachfolger der oberste Garant ist. Die Kirche macht im Rahmen dieser Feier die tröstliche Erfahrung, ihre eigene Lebendigkeit und den Reichtum ihrer geistlichen Gaben wachsen zu sehen.
Die Kirche spürt, wie ihre Treue stärker wird und sich ihre Fähigkeit zum Dienst verbreitet. Diakone sollen ja Meister in der Diakonie, im Dienen sein. „Die Diakone“, so lehrt der hl. Polykarp von Smyrna, „sind Gottes und Christi Diener und dienen nicht Menschen: in ihnen findet sich weder Verleumdung noch Falschheit, noch Anhänglichkeit an Reichtum. Sie mögen in jeder Hinsicht keusch und mitleidig sein, eifrig in ihrem Dienst gemäß der Wahrheit des Herrn, der sich freiwillig zum Diener aller gemacht hat“ (Ad Philipp., V.2).
Oft wird Klerikern Ehrgeiz und Neid nachgesagt. Schnell kommen wir in den Verdacht des Klerikalismus. Wenn man von der Ambition des Christen, vor allem eines Weihekandidaten, sprechen will, kann diese nur im Bestreben liegen, anderen Menschen dienen zu dürfen. Dies gilt umso mehr, als an der Spitze der kirchlichen Stufenleiter, der Hierarchie, derjenige steht, der sich als „Servus Servorum“, als Diener der Diener Gottes sieht. Das heißt: Der Papst, ein Bischof ist und bleibt Diakon – sein Leben lang. Mag das Amt noch so hoch sein, Dienst ist seine DNA.
Wie Sie vielleicht wissen, lautet das erste Glied meines Wahlspruchs: Vox Verbi – Stimme des Wortes möchte ich sein. Das ist eine Anspielung auf den hl. Kirchenlehrer Aurelius Augustinus. Sowohl im ordentlichen Ritus als auch in dieser Feier wird den neugeweihten Diakonen das Evangelienbuch überreicht. „Accipe Evangelium Christi, cuius praeco effectus es.“ Und heute hören wir: „Accipe potestatem legendi Evangelium in Ecclesia Dei, tam pro vivis, quam pro defunctis.“ Der Auftrag ist gleich: Empfange das Evangelium Christi!
Dem Diakon kommt es zu, das Evangelium zu verkündigen: Gottes Wort, nicht sein eigenes. Jesus Christus, das fleischgewordene Wort Gottes, zieht von den Lippen des geweihten Diakons, der es verkündet, gleichsam „sakramental“ an uns vorüber. Gottes Wort hat es in sich! Es beunruhigt den falschen Frieden des Gewissens; wie ein scharfes Schwert durchschneidet es Zweideutigkeit und Halbheit. Es hat Kraft, auch verhärtete Herzen anzurühren: „Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam, schärfer als jedes zweischneidige Schwert“ (Hebr 4,12).
Diesem Wort Gottes sind Sie, liebe Diakone in spe, in Ihrem Dienst verpflichtet. Gottes Wort ist kein Gegensatz zum Sakrament, sondern beide – Wort und Sakrament – verbinden sich in Jesus Christus, dem personifizierten Wort. Dieses Wort ist anspruchsvoll. Wir dürfen es nicht verformen, um den Ohren der Zuhörer zu schmeicheln. Wir dürfen es auch nicht verkürzen, nicht entkernen, nicht relativieren. Es ist unser Maßstab: Gotteswort im Menschenwort.
Liebe Diaconandi, das Wort Gottes lässt sich nicht zähmen. Es lässt sich nicht zurechtstutzen nach unseren menschlichen, oft bequemeren Maßstäben. Wir müssen hineinglauben in Gott, damit wir den uns Anvertrauten helfen können, das Maß zu erreichen, das uns Sein Wort vorgibt. Habt keine Angst, Euch dem Wort Gott unterzuordnen! Ihr werdet dadurch nicht ärmer, sondern reicher. Der hl. Johannes der Täufer, ein Prototyp des Diakons, bringt es auf den Punkt: „ER muss wachsen, ich aber abnehmen.“ (Joh 3,30) Darum geht es: Immer weniger ich und immer mehr Christus. Amen.
[1] Vgl. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium 22.