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Wichtiges
Predigt von Bischof Bertram beim ökumenischen Festgottesdienst zu 80 Jahren CSU in St. Benno, München

Macht als Dienst

25.10.2025

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Festgemeinde, die Worte im Lukasevangelium, die wir gerade gehört haben, hat Jesus Christus kurz vor dem Beginn seines Passionswegs gesprochen. Ihre Dramatik ist nicht zu überhören. Das Dienstverständnis des Herrn ist unmittelbar mit seinem Kreuz verbunden. Jesus dient bis zum Tode – und darüber hinaus.

Hinsichtlich der politischen Macht reagiert der Herr differenziert und empfiehlt: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ (Mt 22,21). Gleichzeitig scheut er sich nicht, ein bis heute verbreitetes Machtverständnis im Kern in Frage zu stellen. Die Könige herrschen; seine Jünger hingegen sind aufgerufen zu dienen!

Diejenigen, die Macht als individualistischen Geltungsanspruch verstehen und sie zur Selbstverherrlichung instrumentalisieren, mögen Erfolg haben, besonders heute, wo der Populismus weltweit wieder Anhänger gewinnt. Aber die Kirche verkündet Christus als den Gekreuzigten, der für unsere Erlösung den Tod auf sich genommen hat; einen anderen Messias braucht sie nicht.

Es ist anerkennenswert, wenn Menschen Führungspositionen anstreben, nicht nur um Macht auszuüben, sondern um Verantwortung in herausfordernden Zeiten zu übernehmen. Politiker sind, bei dem enormen Erfolgsdruck, dem sie ausgesetzt sind, wirklich nicht zu beneiden. Doch wenn man die eigenen Gaben der Gemeinschaft, dem großen Ganzen zur Verfügung stellt, und die Menschen spüren, dass man es ehrlich meint, wächst einem auch Kraft und Zuversicht zu. Macht sollte nie Selbstzweck sein, sondern als Dienst ausgeübt werden. Dies gilt besonders für Volksvertreter und -vertreterinnen in einer Demokratie. Ob es aber immer gelingt, die revolutionäre Kraft eines derartigen Machtverständnisses umzusetzen?

Wenn die Politiker als Subjekte des Dienens verstanden werden, wer ist das Objekt? Offensichtlich die Gemeinschaft. Bewusst steht im Parteinamen der CSU das große S für „sozial“. Vor allem den Schwachen, den Armen, denen, die sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt fühlen oder durch das soziale Netz zu fallen drohen, ihnen vor allem ist der Dienst in der Politik gewidmet. Und zwar nicht passiv und von oben herab. Vielmehr sollen die Stimmen aller hörbar und ihre Gesichter sichtbar gemacht werden.

Es gibt keine Demokratie ohne Inklusion. Dabei werden wir Christen nicht müde, entschieden den Blick auf die „Option für die Armen“ zu lenken. Die erste Apostolische Exhortation unseres neuen Papstes Dilexi te („Ich [habe] dir meine Liebe zugewandt“ [Offb 3,9]) ist ihnen gewidmet. In Kontinuität mit seinem Vorgänger, dem großen Fürsprecher der Armen Papst Franziskus, findet Leo XIV. starke Worte nicht nur für ihr abgrundtiefes Leid, sondern auch für ihre Gaben, das positive Potenzial, das die unterschätzten Randständigen haben. Die Ärmsten, schreibt Papst Leo, sind „nicht bloße Addressaten unseres Mitgefühls, sondern Lehrer des Evangeliums“ (Dilexi te, Nr. 79)

Der Horizont derer, die dem Staat und damit den Menschen dienen, darf nie auf nur einige wenige beschränkt bleiben, die als Leistungsträger klassifiziert werden. Wir alle sind voneinander abhängig und wir alle haben einander etwas zu geben: Bayern geht es gut, wenn es Deutschland und Europa gut geht; und wenn es unserer Erde als ganzer gut geht. Dienst an den Menschen im christlichen Sinne ist immer auch Dienst an der Schöpfung.

Liebe Schwestern und Brüder,

die Christlich-Soziale Union hat die letzten 80 Jahre der bayerischen Geschichte entscheidend mitgeprägt. Sie dürfen dankbar sein für das Erreichte. Doch auch an Herausforderungen fehlt es nicht, gerade heute, wo zunehmend Hass und Hetze verbreitet werden und bei immer mehr Menschen auf offene Ohren stoßen.

Ich wünsche Ihnen, die Sie im Dienst am Wohlergehen unseres Volkes stehen, daher viel Kraft, mutige Initiativen und stete Gesprächsbereitschaft in Ihrem täglichen Einsatz. Vergewissern Sie sich im politischen Alltag immer wieder, wie das „C“ in Ihrem Parteinamen im Hier und Heute ausgestaltet werden muss. Denn gewissenhaftes Handeln und ehrliches Wollen, davon bin ich überzeugt, wird verstanden. Es trägt den Segen Gottes in sich und kann zum Segen für alle werden, selbst dann, wenn man für unpopuläre Maßnahmen werben muss. Die CSU wurde im Laufe Ihrer Geschichte von aufrichtigen und geradlinigen Persönlichkeiten geprägt, die auch heute noch Vorbild sein können. Sie mögen Ihnen als Inspiration und Ermutigung dienen!

 

Lesungstext: Lk 22,24-27