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Wichtiges
Predigt von Bischof Bertram zum Nightfever-Gottesdienst in der Ulrichswoche

Nightfever in den Sommernächten

05.07.2025

Liebe Besucherinnen und Besucher des Nightfevers in der Ulrichswoche, liebe Schwestern und Brüder in Christus! Es ist kaum zu überhören und auch nicht zu übersehen! Augsburg feiert – das größte Stadtfest Bayerns...

Es ist kaum zu überhören und auch nicht zu übersehen! Augsburg feiert – das größte Stadtfest Bayerns, die Sommernächte, sind in vollem Gange und sie fallen in diesem Jahr mitten hinein in unsere Ulrichswoche. Schön, dass Sie den Weg hierher gefunden haben, in die Basilika St. Ulrich und Afra, die das eine Ende der Festmeile markiert. Die Stadt wird in diesen Tagen also nicht nur von Pilgern, sondern auch durch einen Strom an Menschenmassen durchzogen, die Konzert- und Tanzbühnen besuchen, während Bier und Cocktails in rauen Mengen fließen dürfen. Aber noch etwas Anderes soll sich an diesem Wochenende in unserer Stadt ausbreiten. Die Lesungen bieten uns die passenden Anhaltspunkte dafür. Im letzten Kapitel des Jesajabuches ist von einer Stadt die Rede, durch die ein Friedensstrom fließt. Es ist eine hoffnungsvolle Skizze der Stadt Jerusalem: sie gibt Anlass zum Jubel und zur Freude; die Bewohner finden Trost in reichem Maß.

Nicht verwunderlich also, dass das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung das Johannes, diese Bilder nimmt und sie verstärkt, um ein himmlisches Jerusalem zu malen: ein Ort, an dem alle Tränen getrocknet sein werden und weder Tod noch Trauer, noch Klage oder Mühsal ihren Platz haben (vgl. Offb 21,4). Wer würde nicht gern in einer solchen Stadt wohnen? Es ist die Präsenz Gottes, die all das Gute und Heilsame in dieser Stadt bewirkt. Dürfen wir das auch über die Stadt Augsburg sagen? Freilich wird weder das Jerusalem zur Zeit des Propheten Jesaja, das heutige Jerusalem noch irgendeine andere Stadt solch einer Beschreibung gerecht. Und doch dürfen wir in jeder Eucharistiefeier einen Vorgeschmack auf den Himmel erleben. Denn in der Eucharistie ist Gott unter uns leibhaft gegenwärtig. Sie ist himmlische Gabe, sie ist unser Tor zum Himmel. Und sie ist zugleich das Einfallstor des Himmels zur Erde. Vom eucharistischen Herrn geht Segen, Kraft, Heil und Frieden aus. Insofern soll etwas Himmlisches von diesem Altar aus in die Stadtgesellschaft hineinstrahlen. Und das Evangelium legt uns ans Herz, dass

wir

es sind, durch die Hoffnung, Freude und Trost in dieser Stadt spürbar werden. Wie die 72 Jünger sind wir gerufen, die Aussicht auf das himmlische Jerusalem mit anderen zu teilen. Sehen wir das Zusammenfallen der Feste daher nicht als störende Koexistenz, sondern als Chance, die Präsenz der Frohen Botschaft in dieser Stadt zu erhöhen! - Freilich unterscheidet sich unser Setting von dem des Evangeliums. Dennoch sind die Weisungen Jesu auch für uns wertvoll. Welche Haltungen empfiehlt er?

1. Nicht allein, sondern in Gemeinschaft

Jesus sendet seine Jünger zu zweit. Das Christentum ist eine Religion der Gemeinschaft. Gottesdienstgemeinschaften können sehr anonym sein. Um nach außen wirken zu können, müssen wir mehr sein als ein zufällig zusammengewürfelter Haufen. Als Christen sollen wir uns nicht nur oberflächlich funktional vernetzen. Das Christentum lebt vom Zusammenspiel der verschiedenen Begabungen und Charismen. Und bei aller Offenheit für verschiedene Meinungen und Lebensentwürfe in einer Gesellschaft braucht jeder die Menschen an der Seite, die den Glauben, die Ziele und Werte teilen. Wenn wir uns gegenseitig unterstützen und den Rücken stärken, dann gewinnt nicht nur der Einzelne, sondern die ganze Kirche an positiver Strahlkraft.

2. Armut

Eine zweite Vorgabe Jesu: Kein Geld, keine Vorratstasche und nicht einmal Schuhe sollen die Jünger mitnehmen. Was die Botschafter Jesu kennzeichnen soll, ist Armut. Ich empfehle nicht, heute Abend mit Freibier zu rechnen, weil Sie die Botschaft vom Reich Gottes im Herzen oder auf der Zunge tragen. Auch würde ich die Schuhe anlassen, sonst treten Sie unnötigerweise in die nächste Glasscherbe. Die Armut, die von uns gefragt ist, kann eine ganz andere sein. In Armut steckt das Wort Mut. Unsere Armut besteht im Wagnis. Wer vom eigenen Christsein erzählt, geht mittlerweile nicht selten ein Wagnis ein! Je nach sozialem Umfeld mag es schon Überwindung kosten, wenn Sie nachher bei Bier oder Cocktail erzählen, dass Sie gerade im Gottesdienst waren. Verleugnen wir unsere Identität nicht! Ich möchte Ihnen Mut machen, in aller Schlichtheit und unaufgeregt sagen zu können: „Ich war gerade in der Basilika, das war wohltuend, schau doch später auch einmal vorbei!“ Bis 23.00 Uhr sind die Türen dieser Kirche heute offen, um abseits vom Trubel in die ruhige Atmosphäre des Kirchenraums, ja in die Gegenwart Gottes einzutauchen.

Im Mittelpunkt des heutigen Abends steht Jesus in der Eucharistie. Auch das drückt eine gewisse Armut aus. Wir haben wohlklingende Musik und eine schöne Beleuchtung; all das sorgt für eine besondere Atmosphäre. Aber im Grunde besteht unser Reichtum aus einer kleinen Scheibe Brot auf der Altarbühne. Aus weltlichem Blickwinkel ist es der totale Irrsinn, lieber auf dieses Stück Brot zu schauen, als die Stars und Sternchen auf den Bühnen der Innenstadt zu bewundern. Dafür aber steht Nightfever - eine Initiative junger Christen, die erfahren haben, dass sich die Gegenwart Jesu in der Eucharistie spürbar positiv auf ihr Leben auswirkt. Wir dürfen einladend dafür werben, Jesus in der Eucharistie zu begegnen. Ich danke allen vom Nightfever-Team, die das immer wieder tun. Vergelt‘s Gott für Euer Zeugnis und für Euren Dienst.

3. Entschieden und zugewandt sein

Zwei Vorgaben Jesu sind irritierend für uns: „Grüßt niemanden auf dem Weg!“ (Lk 10,4) sowie die Weisung bei Nichtaufnahme lauthals zu verkünden, dass auch der Staub an den Füßen zurückgelassen wird (vgl. Lk 10,10.11). Diese Vorgehensweise klingt schroff und kontraproduktiv. Exegeten weisen darauf hin, dass damit die Dringlichkeit der Botschaft und die notwendige Entschiedenheit dafür ausgedrückt werden. Was fangen wir heute damit an? Nun, zunächst sind wir aufgefordert, dass wir uns selbst immer wieder neu für das Reich Gottes entscheiden. Wir sollten uns nicht unnötigerweise davon abhalten lassen. Eine solche Entschiedenheit sollte in zweifacher Hinsicht an uns ablesbar sein: in der Ernsthaftigkeit, mit der wir Gott suchen und mit ihm leben wollen und in der Zuverlässigkeit, mit der wir uns um unsere Nächsten bemühen. Wir Christen stehen in der Gesellschaft auf dem Prüfstand und oft sind die gute Tat, eine zugewandte Art und ein wirklich offenes Ohr die bessere Verkündigung. Entschiedenheit bedeutet daher nicht Überheblichkeit! Den Glauben zu teilen erfordert nicht nur Mut und Überzeugung, sondern ebenso Respekt und Empathie. Hüten wir uns vor allzu schneller Schwarz-Weiß-Malerei! Wir kennen die Biographien und die Herzen unserer Mitmenschen zu wenig. Aber Gott kennt sie! Und er ist der eigentliche Akteur.

4. Im Frieden und in der Freude bleiben

Jesus sendet seine Jünger dahin voraus, wohin

er selbst

gehen will. Gerade deshalb dürfen wir diesem Auftrag in der Haltung der Gelassenheit nachgehen. Trübsal und Verbissenheit helfen nicht weiter. Wir dürfen Gottes Frieden zunächst in unserem Inneren empfangen und dann dafür sorgen, dass dieser Friedensstrom nicht an den Pforten der Basilika endet. Friede funktioniert wie Freude: je öfter sie geteilt werden, desto mehr nehmen sie zu. Dennoch können die Reaktionen unserer Nachbarn, Verwandten, Freunde und Mitbürger auf eine Einladung in die Kirche unterschiedlich ausfallen. Manch eine Äußerung mag uns zum Nachdenken anregen, aber keine Reaktion darf uns den inneren Frieden komplett zerstören. Positiv gewendet können wir in den schroff klingenden Anweisungen Jesu auch die Fähigkeit zur Abgrenzung erkennen, auch das tut manchmal Not! Die Freude am Herrn und die Aussicht auf den Himmel sollten wir uns bei aller Kirchenkritik, ob berechtigt oder unberechtigt, nicht nehmen lassen! Das ist entscheidend für die Wirksamkeit der Sendung. Als die Jünger überglücklich über ihren missionarischen Erfolg zurückkehren, weist Jesus sie zurecht: „Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!“ (Lk 10,20) Die Freude der Jünger über ihre eigene Wirksamkeit ist menschlich nachvollziehbar. Aber Jesus macht deutlich, dass nicht die Fähigkeiten der Jünger entscheidend sind. Er selbst ist es, der Frieden und Heil für diese Welt bewirkt. Unsere Freude besteht darin, dass wir wissen, zu ihm zu gehören. Bleiben wir in seiner Nähe, um fröhlich in der Hoffnung und geduldig in der Bedrängnis zu sein. Das wird eine ansteckende Wirkung entfalten.

Liebe Schwestern und Brüder, wir dürfen die Botschaft des Himmels im Herzen tragen! Begehen wir daher die verschiedenen Feierlichkeiten in einer wirklich tiefen Festtagsfreude! Als Bischof von Augsburg wünsche ich Ihnen allen friedliche und hoffnungsvolle, frohe und reich gesegnete Feierstunden in dieser Stadt.