„Ein einfühlsamer und seeleneifriger Hirte“
Unter großer Anteilnahme aus der Bevölkerung und begleitet von vielen priesterlichen Glaubensbrüdern ist Dekan Werner Haas, Pfarrer von Pfronten-Nesselwang, in seiner Heimatgemeinde Wohmbrechts im Westallgäu zur letzten Ruhe gebettet worden. Weihbischof Florian Wörner, der in der überfüllten Pfarrkirche St. Georg das Requiem feierte, nannte den Verstorben einen „einfühlsamen und seeleneifrigen Hirten, der eine liebenswürdige Art, einen feinsinnigen Humor und eine große Klarheit in seinem Denken und Reden“ hatte. Werner Haas war in der Nacht auf den 12. August bei einem Fahrradunfall tödlich verunglückt.
Weihbischof Wörner, der Werner Haas bereits aus der Zeit im Priesterseminar kannte, schilderte seine Verblüffung über den Text der letzten Predigt, die Pfarrer Haas nur zwei Tage vor seinem Tod gehalten hatte und mit dem Blick auf die Uhr über der Sakristei-Tür in der Nesselwanger Pfarrkirche beginnt. Dort steht der Satz „die Zeit ist kurz“ (1. Korintherbrief 7,29). Haas habe dazu gesagt: „Wir haben alle ein irdisches Verfallsdatum…die Uhr tickt. Und manchmal kommt der Tod auch wie ein Dieb in der Nacht – sprich, ganz plötzlich.“ Wachsamkeit sei deshalb angesagt – und das heiße: „Verfügbar sein, wenn Gott ruft.“
„Werner Haas“, so der Weihbischof, „hat sich vom Herrn rufen lassen und sich ihm zur Verfügung gestellt.“ Er erinnerte daran, dass der Verstorbene erst vor kurzem aufgrund eines Insektenstichs und einer heftigen körperlichen Reaktion im Krankenhaus war und, als man ihm zu verstehen gab, dass das nicht ungefährlich gewesen sei, zu einem priesterlichen Freund gesagt hatte: „Wenn ich hätte sterben müssen, dann wäre ich bereit gewesen.“
Weihbischof Wörner rief den Gläubigen auch den Primizspruch von Werner Haas ins Gedächtnis: „Christus hat mich für treu gehalten und in seinen Dienst genommen“, heißt es da. Der Weihbischof: „Er war sich der Größe seiner priesterlichen Sendung und seines Auftrags bewusst, er hatte Respekt davor, wollte demütig Antwort geben auf die Liebe und Treue Gottes und ihm ein zuverlässiger Diener und Verkünder seines Wortes sein. Er tat es mit seiner ruhigen und klaren Art. Er hatte einen feinsinnigen Humor und eine große Klarheit in seinem Denken und Reden. Die Art, wie er die Liturgie feierte, zeugte von seiner tiefen Ehrfurcht vor dem Herrn in der Eucharistie, aus der er lebte. Man spürte, dass er geistlich dachte, von Gott her, von seinen Maßstäben her.“
Zahlreiche Trauergäste hatten in der Pfarrkirche von Wohmbrechts keinen Platz mehr gefunden und feierten das Requiem draußen auf Bierbänken mit - beschattet durch Sonnenschirme, auf denen die Aufschrift „Allgäuer Lebensfreude“ zu lesen war. Man darf vermuten, dass das Werner Haas gefallen hätte.
Von der Elektrotechnik zur Theologie
Werner Haas wurde 1965 in Wangen im Allgäu geboren und wuchs in einer Familie mit sechs Geschwistern auf. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er zunächst Elektrotechnik an der Fachhochschule Ravensburg-Weingarten. Während des Praxissemesters griff er dann aus einer inneren Eingebung heraus immer öfter zur Bibel. Mit 26 Jahren begann er schließlich sein Theologiestudium und trat als Spätberufener ins Priesterseminar ein. Die mathematische und analytische Veranlagung konnte er aber auch weiterhin nutzen.
Am 3. Mai 1998 erhielt er dann schließlich durch Bischof Viktor Josef Dammertz die Priesterweihe. Seine Primiz feierte er in Wohmbrechts (Landkreis Lindau). Sein Primizspruch lautete: "Ich danke dem, der mir Kraft gegeben hat: Christus Jesus, unserem Herrn. Er hat mich für treu gehalten und in seinen Dienst genommen." (1 Tim 1,12) Im Anschluss wurde er als Kaplan in Pfaffenhofen an der Ilm sowie ab 2000 in Illertissen eingesetzt. Im September 2002 übernahm er seine erste Pfarrstelle in Nordendorf. Die neu entstehende Pfarreiengemeinschaft leitete er dann bis 2006. Vom Bischof wurde er dann mit der Leitung der Pfarrei Starnberg beauftragt. Erneut fiel es ihm zu, die neue Pfarreiengemeinschaft zu einer Einheit zu formen. Bis 2017 blieb er in Starnberg. Dann stand sein letzter beruflicher Wechsel an, als er die PG Pfronten-Nesselwang im Bistumssüden übertragen bekam. Dem erfahrenen Priester wurde dann im Januar 2022 zusätzlich das Amt des Dekans von Marktoberdorf anvertraut.
Im Weinberg des Herrn – und in seinem Steinbruch
In all der Zeit als leitender Pfarrer war ihm ein harmonisches Miteinander besonders wichtig. Gerne griff er auch Initiativen der Gläubigen auf und schuf als selbsterklärter „Multiplikator“ die Voraussetzung für das Gelingen der selbstständigen Arbeit seiner Mitarbeitenden. In einem Gespräch anlässlich seines Silbernen Priesterjubiläums im Jahr 2023 fasste er seine bisherige Laufbahn folgendermaßen zusammen: „Für mich war nach der Weihe klar, dass ich als Arbeiter nicht nur im Weinberg des Herrn tätig sein werde, sondern oft auch im Steinbruch des Herrn.“ Dass die tiefe Bedeutung der Sakramente oft nicht mehr bekannt ist, hat ihn beschäftigt. Und doch war es ihm wichtig, das Evangelium den Menschen vorzustellen und anzubieten, also auch Orientierung, Halt und Trost zu vermitteln. Den Erfolg seiner eigenen Arbeit legte er dabei bewusst in Gottes Hände.
Wichtig war Haas neben seinem Priesterberuf auch immer der Sport. Beim Radfahren, Skifahren, Tennisspielen, Tischtennisspielen oder Schwimmen konnte er abschalten und sich auspowern. Als Seminarist gewann er Mitte der 90er-Jahre als Stürmer auch die Deutsche Priesterseminar-Meisterschaft.
Am Morgen des 12. Augusts hatte ein unbeteiligter Verkehrsteilnehmer den leblosen Pfarrer Haas in einer Wiese entdeckt. Nach einer Veranstaltung war er vermutlich am späteren Vorabend mit seinem E-Bike verunglückt.
Nach dem Requiem an diesem Dienstag feiert auch die Pfarreiengemeinschaft Pfronten-Nesselwang noch ein Requiem für ihren Pfarrer, und zwar am Donnerstag, 21. August, um 19.00 Uhr in St. Nikolaus. Die Fahnenabordnungen der Vereine beider Pfarreien sind herzlich eingeladen.
Kurz nachdem die Nachricht von Werner Haas Tod bekannt geworden war, hatte bereits Bischof Dr. Bertram Meier den Verstorbenen gewürdigt: „Über den plötzlichen und tragischen Tod von Dekan Werner Haas bin ich tief erschüttert. Erst vor kurzem hatte ich die Gelegenheit, mit ihm zusammen und einer großen Pilgerschar das 300-jährige Jubiläum der Wallfahrtskirche Maria Trost bei Nesselwang zu feiern.“ Dort hätten sich beide noch über ihre Urlaubspläne unterhalten, nun habe sein Leben allerdings ein jähes Ende gefunden. Mit ihm verliere das Bistum einen Priester, der an den verschiedenen Wirkungsstätten mit Bedacht und Umsicht seinen Dienst geleistet habe. Bischof Bertram: „Anlässlich seines Silbernen Priesterjubiläums stellte er fest, dass es für ihn tröstlich sei, dass Gott nicht die großen Superhelden, sondern Menschen mit einem weiten Herzen und mit ihren Begrenzungen in seinen Dienst ruft. Dass Dekan Haas auch mit der Gabe des Ausgleichs und der Vermittlung ausgezeichnet war, zeigt die Tatsache, dass er 2022 zum Dekan gewählt wurde und diese Aufgabe mit Besonnenheit ausgeübt hat. Gott lohne ihm sein Wirken!“